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1. Geschichte des preußischen Vaterlandes - S. 345

1888 - Berlin : Hertz
Das Wvllner sche Religionsedict. 345 spiegelungen der Modelehre Preis gegeben und dadurch Millionen guter Unterthanen die Ruhe ihres Lebens und ihr Trost auf dem Sterbebette geraubt und sie also unglücklich gemacht werden. Es wurde deshalb verordnet, daß hinfort kein Geistlicher oder Schullehrer bei Strafe der Amtsentsetzung jene oder andere Irrthümer öffentlich oder heimlich verbreiten solle; es sei nicht zuzugeben, daß ein jeder Geistliche in Religionssachen nach seinem eigenen Kopse handele und es ihm freistehen könne, die einmal in der Kirche angenommenen Grundwahrheiten des Christentbumes so oder anders zu lehreu, und sie nach bloßer Willkür beizubehalten oder wegzuwerfen. Eiu jeder Lehrer des Christenthumes müsse und solle dasjenige lehren, was der einmal bestimmte und festgesetzte Lehrbegriff seines Bekenntnisses mit sich bringe, hierzu verbinde ihn sein Amt, seine Pflicht und die Bedingung, unter der er in seinen Posten berufen worden. Lehre er etwas Anderes, so könne er natürlich sein Amt nicht behalten. Dem geistlichen Ministerium wurde in dieser Beziehung die strengste Beaufsichtigung der Geistlichen und Lehrer zur Pflicht gemacht, und um dem Edicte mehr Nachdruck zu verschaffen, setzte der Minister Wöllner eine Prü-sungseommission für die künftigen Geistlichen ein, welche nur aus Anhängern der streug kirchlichen Lehre bestand. Natürlicherweise erregten diese Schritte das größte Aufsehen: je weiter die Lehren der sogenannten „Aufklärung" besonders unter den höheren Ständen bereits verbreitet waren, desto allgemeiner war die Aufregung über die entgegengesetzten Absichten der Regierung. Es erfolgten in Büchern und Zeitschriften die heftigsten Angriffe gegen das Ediet, und als nun der Minister, um der Verbreitung der freisinnigen Denkart Schranken zu setzen, noch ein anderes Edict über die Büchercensur erließ, war die öffentliche Meinung über diesen Angriff auf die Freiheit der Gedaukeu volleuds erbittert. Auch wurde es als ein Zeichen der Glaubenstyrannei beklagt, als zwei berühmte Theologen in Halle wegen ihrer von der Kirchenlehre abweichenden Vorträge von dem Minister Wöllner verwarnt wurden. Aus dem obigeu Inhalte des Religionsedictes geht nun zwar nicht gerade hervor, daß die Urheber desselben einen wirklichen Glaubeuszwaug zu üben beabsichtigten; Friedrich Wilhelm besonders mochte nur wie seine Vorfahren von dem ernsten Willen beseelt sein, das christliche Bekenntniß gegen ungebührliche, willkürliche Neuerungen zu schützen. Sicherlich aber hat er dazu nicht das geeignete Mittel gewählt: er täuschte sich, wie es den bestgesinnten Fürsten oft ergangen ist, darin, daß er meinte, den tief eingewurzelten Unglauben durch ein Staatsgesetz und durch äußeren Einfluß überwinden zu können, während dies nur von innen heraus durch die Macht eiues lebendigen und in Liebe wirksamen Glaubens geschehen kann. Das Religionsedict hat die Gegner nur noch mehr gereizt und erbittert, dem wahrhaften Glauben aber keinen Boden geschaffen; dies geschah erst, als in Frankreich die Früchte des Unglaubens offenbar geworden und als über Preußen und Deutschland bittere Noth und Demüthigung gekommen war. Da erst erhob man von Neuem den Blick zu dem alten treuen Gotte, von dem auch die Rettung kam und dem die Herzen seitdem wieder mehr zugewandt blieben. Auswärtige Politik unter Friedrich Wilhelm H. Das gewaltige Ansehen, welches der Name Preußens unter dem großen Friedrich gewonnen
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