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1. Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien - S. 374

1877 - Leipzig : Teubner
374 Erst spätere Schriftsteller von Pindar an gebrauchen tnri, um die Dichtkunst, besonders die epische, im Gegensatz zur lyrischen, zu bezeichnen. — Schon die einfache Betrachtung, daß ein so vollendetes Epos, wie das homerische, nicht plötzlich und ohne Vorgänger im Volke entstehen konnte, muß uus überzeugen, daß schon vor Homer die epische Poesie geübt worden ist. Nur daraus erklärt sich bei Homer unter anderem die Festigkeit und Bestimmtheit in den Vorstellungen von der Welt und den Göttern, die stehenden Epitheta der Götter, die kurzen Erwähnungen von Helden und Heldensagen, wie des Perseus (Ii. 14, 320.), der Heraklessagen, der Argonauten (Od. 12, 66.), welche durch Behandlung in früheren Gedichten so bekannt gewesen sein müssen, daß Homer nur durch eine leise Andeutung den ganzen Sagenkreis in das Gedächtniß seiner Hörer zurückrufen konnte. Wahrscheinlich entstand, wie die griechische Poesie überhaupt, so besonders auch der epische Gesaug bei dem gesaugreicheu Volke der Thraker in Pierien, am Olympos und am Helikon, von dem der Dienst der Musen, der Gesangesgöttinnen, sich über Hellas verbreitete, und dessen Sänger Eumolpos, Orpheus, Musaios, Thamyris als die Väter aller Poesie galten. Wenn auch die Poesie dieser mythischen Sänger vorzugsweise als eine Priesterpoesie mystisch-enthusiastischer Art bezeichnet wird, deren Erzeugnisse Kosmogonieen, Orakelsprüche, Hymnen u. dgl. waren, so erscheint doch Thamyris (Ii 2, 594.) schon mehr als ein epischer Sänger, ähnlich einem Phemios und Demodokos. Jene dem Cultus dienende Hymnenpoesie nahm allmählich einen epischen Charakter an, indem sie, wie ein Theil der homerischen Hymnen, die Geschichten der Götter, ihre Thaten und ihre Leiden erzählte. Mit diesen mythischen Ueberlieferungen von den Göttern und ihrer Verehrung flössen dann die Geschlechts- und Stammessagen der Fürsten und Völker zusammen, um den Stoss für das entstehende Epos abzugeben. Die Sänger vor Homer, welche bei Festen und musischen Wettkämpfen auftraten und an den Höfen der Fürsten die Mahle durch ihren Gesang erheiterten, wählten sich aus dem reichen Sagenschatze der Vorzeit irgend eine Begebenheit von geringer Ausdehnung zur Verherrlichung aus, wie Demodokos bei den Phaiaken die Liebe des Ares und der Aphrodite und ans dem troischen Sagenkreis den Zank des Achilleus und Odysseus und die Eroberung Trojas durch das hölzerne Pferd (Od. 8, 74. 266. 499.), Phemios, der Sänger auf Jthaka, den Freiern die traurige Heimfahrt der Achaier von Jlios sang. Od. 1, 326. So wurde der epische Gesang ohne Zweifel in einem großen Theile Griechenlands schon lange vor Homer geübt, eine besondere Ausbildung aber ward ihm bei dem ionischen Stamme zu Theil, der unter dem glücklichen Himmel Kleinasiens und der Inseln in geistiger Bildung und namentlich auch in der Poesie deu übrigen Stämmen vorauseilte. Und in diesem Stamme hat vor allen Homeros das Epos zur höchsten Stufe der Ausbildung erhoben. Von den älteren Sängern überkam er seine Stoffe und die metrische Form, den daktylischen Hexameter, sowie einen schon fest bestimmten epischen Stil, welche beide, von ihm noch weiter ausgebildet, für alle Zeiten vom griechischen Epos bei- Epos. behalten wurden-, wesentlich aber unterschied er sich von seinen Vorgängern dadurch, daß er, während jene nur einzelne Handlungen aus der Heroenwelt in kurzen Gesängen behandelten oder auch längere Reihen von Abenteuern äußerlich an einander fügten, einen Gegenstand aus der Sagenmasse herausgriff nud in künstlicher Komposition nach dem Gesetze der Einheit einen ganzen Sagenkreis mit seinen bedeutendsten Helden zur Entwicklung brachte. So sind seine Schöpfungen Ilias und Odyssee der Urtypus des Heldenepos geworden und geben für die Charakterisirnng dieser Gattung überhaupt den Maßstab ab; das Charakteristische ist ruhige, leidenschaftslose, aber lebendige Darstellung der objectiven Welt, welche für das Heldenepos das ideale, von Wundern und großen Thaten erfüllte mythische Zeitalter mit seinen Göttern und Heroen ist (s. Homeros). Verschieden von dem objectiven heroischen Epos des Homer ist Las didaktische, religiös-sittliche Epos des ungefähr 100 Jahre nach jenem lebenden Aioliers^ Hesiodos aus dem boiotischen Askra und seiner Schule (s. He s io dos). Dem homerischen 1 Epos dagegen schloffen sich enger die s. g. kyklisch en Epiker bei den Ioniern an, welche, ungefähr von dem Anfang der Olympiaden an, in homerischer Weise, doch nicht mit homerischer Kunst und homerischem Geiste dichtend, ihre Werke so mit Ilias und Odyssee zu verknüpfen suchten, daß das Ganze einen großen mythologischen Kyklos ans dem Trojanischen Sagenkreise und der verwandten Heldensage bildete. Vgl. Welcker, der epische Cyclus od. die homerischen Dichter (2 Bdd. 1830 ff. l. Bd., 2. Aust. 1865.). Es mangelte ihren Gedichten an wahrer Einheit, an homerischer Ausführung und Motivirung, sie wendeten sich zur Allegorie, zur Reflexion und Philosophie und wichen von Homer vielfach im Mythos ab. Zu den Kyklikern gehört Stasinos von Kypros um Ol. 1, der in den kyprifchen Gedichten (r« tnri za Kvnqia) die Begebenheiten von der Hochzeit des Peleus bis zum Anfang der Ilias erzählte; Arktinos von Milet zu derselben Zeit, dichtete ein Epos, dessen erster Theil, Aithiopis, sich unmittelbar an das Ende der Ilias anschließend, den Zug und den Untergang des Aithiopen-fürsten Memuon, den Tod des Achilleus und den Waffenstreit und den Selbstmord des Aias behandelte, während der zweite Theil die Zerstörung Troja's (’rttou nsqßis) umfaßte. Lefches von Mytilene, um Ol. 18 oder 708, nach Andern erst um Ol. 30, dichtete die kleine Ilias (’lhas tilhqa) als Ergänzung der größeren, die Begebenheiten des Krieges von dem Waffenstreite und dem ersten Auftreten des Neoptolemos bis zur Einnahme der Stadt behandelnd. Zwischen Die Gedichte des Arktinos und Lesches und die Ooyssee traten die Nostoi (Rückfahrten der Helden von Troja) des Agias oder Hegias ans Trotzen; eine Fortsetzung der Odyssee endlich war die Tele g o n i a des Eugainmon von Kyrene in 2 Büchern, um Ol. 53 oder 570, worin als unmittelbare Fortsetzung der Odyssee die Geschichte des Odysseus von seiner Rückkehr bis zu seinem Tode erzählt ward. Ferner gab es eine kyklische Oidi-podeia (ob von Kinaithon?), Thebals, Epigonen, Alkmaionis u. s. w. Sammlung der Fragmente der Kykliker von Witüner (1825), von
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