1877 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Lübker, Friedrich
- Hrsg.: Erler, Max
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Griechische Antike, Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
7 56 Musdgetes
der Hand; Euterpe mit der Flötte war die Muse des lyrischen Gesangs, Melpomene die' der Tragödie, mit der tragischen Maske in der i Hand, Epheu ums Haupt u. ]. tu.; Erato war Mnse der erotischen Poesie und der Mimik, Po-lymnia oder Polyhymnia der Hymnen, Thalein der heiteren und ländlichen Dichtkunst, der Komödie u. s. w., mit der komischen Maske, dem Hirtenstab und Epheukrauz; Terpsichore, Muse des Tanzes, mit der Lyra; Kleio, mit der Papierrolle, Milse der Geschichte, Urania, mit dem Globns, Muse der Sternkunde. Sämmtlich wurden sie von der Kirnst als jugendlich blühende Gestalten dargestellt mit seinen, sinnvollen Gesich- ! 4 tern. — Die Verehrung der Musen stammte ursprünglich von dem alten Säugervolke der Thraker, welche am Olympos in Pierien wohuteu und von da nach Boiolieq an den Helikon zogen. Dieser Berg, sowie der benachbarte Parnassos midleibe-lhron, die Hauptstätten ihres Cultus, waren ihre Lieblingssitze; hier weilten sie gern in Grotten und Hainen und an den kühlen Quellen, wie sie denn ursprünglich begeisternde Nymphen der Quelle» waren. Besonders werth waren ihnen die Quellen Agauippe und Hippokrene am Helikon und Kastalia am Fuße des Parnassos unweit Delphoi, ans dem Leibethron war ihre heilige Grotte. Am Helikon, wo ihnen die Thespier das große Fest Movaeta feierte», hatten sie Tempel und Bildsäulen, ebenso einen Tempel am kastali-schen Quell. Von Boiotien aus hat sich allmählich der Cult der Musen über ganz Griechenland verbreitet; sie hatten Heiligthümer und Altäre namentlich zu Athen, Olympia, Troizen, Korinth u. s. w. Nach den Hauptorten ihrer Verehrung und den Stellen, wo sie gerne weilten, haben ihnen die Dichter eine Menge von Beinamen gegeben: Pierides, Pimpleides, Helitoniades, The-spiades, Parnassides, Kastalides, Aonides, Leibe-r> thriades, Hippokrenides u. s. w. — Die Musen kommen als Gesangsgöttinnen iu häufige Verbindung mit Apollon, dem Freunde der Musik und des Gesanges; er heißt der Musenführer, Movaa-yttrjg. Wegen dieser Verbindung und wegen ihrer ursprünglichen Natur als begeisternde Quell-uympheu erhalten sie auch die Gabe der Weissagung. Durch die dramatische Dichtkunst treten sie in Beziehung zu Dionysos, an dessen Festen die Producte der dramatischen Poesie aufgeführt wurden; sie werden seine Ammen und Begleiterinnen. — Die Camenae (alterthümlich Cas-rnenae) der Römer wurden mit den griechischen Musen identificirt. Ihr Name, von cano abgeleitet, bezeichnet die Singenden, die Weissagenden; sie waren, wie die Musen, ursprünglich begeisternde Quellnymphen, die auch die Gabe der Weissagung hatten. Der Name Carmenta, Car-mentis ist gleich Camena.
Musagetes s. Musae, 5. und Apollon.
Musaios, Movaaloq, 1) ein mythischer Säuger (tnoizolög), Seher und Priester Attika's, der in vorhomerischer Zeit priesterliche Poesie in Attika eingeführt und verbreitet haben soll. Er heißt ein Schüler des Orpheus, ein Sohn des Orpheus oder des Liuos, oder des Antiphemos (des Eu-molpos) und der Selene. Unter seinen Poesieen werden angeführt Weihe- und Reinigungslieder (auch Schriften über Weihen und Reinigungen
— Musica.
werden ihm zugeschrieben), Hymnen, Weissagungen (Movcoclov xqr]C{iol), s. Hdt. 7, 6. 8, 96. 9, 43. Plat. r. p. 2, 7. Apol. p. 41. B. Ion p. 536. B. Diese Weissagungen wurden später von Onoma-kritos geordnet und verfälscht. Was nachher von ihm iu Umlauf war, waren meistens Machwerke des Onomakritos und Anderer. Es werden als solche musaiische Gedichte angeführt eine Evfiol-Tticc, E^cchsgsig voacov, eine &soyov{a, Tltccvo-yqcicpici it. f. w. — 2) Sohu Thamyris, Enkel des Philammon, uralter thebanischer (oder athenischer) Lyriker (utlonoiöc). — 3) ein epischer Dichter aus Ephesos in der alexandrinischen Zeit, der eine Perse'is in 10 Büchern und Gedichte aus Enmenes und Attalos von Pergamon verfaßte.
— 4) Musaios, genannt der Grammatiker, spätestens im Ansauge des 6. Jahrhunderts n. C., Verfasser des kleinen Epos tu 'Hqu kcyi Asccvöqov in 340 Versen, das außer seiner Form und beredten Sprache durch lebhaftes Gefühl und geistreichen Ton f eff eit und das anmnthigste Epos aus den Zeiten des Kaisertums ist, s. Epos, 6. Neueste Ausg. von Dilthey (1874).
Muscüliis f. Belagerung, 10.
Museion (Museum) f. Alexandria (S. 59.).
Musica (ars), ilovolurj (r£xvri)i bisweilen auch musica, orum, xa fiovand:, eigentlich die Musen kunft überhaupt, hat einen viel weitern Umfang als den der bloßen Tonkunst. Sie umfaßt jede geistige Bildung, also die wissenschaftliche so gut wie die künstlerische, vornehmlich daher die Philosophie, die Poesie, die Mimik, Orchestik, ja selbst die Mautik. Wegeu dieser alten Verbindung der Weisheit mit der Musik war unter den Göttern der die Leier lenkende Apollon, unter den Heroen Orpheus zugleich der weiseste. Die Musik galt als der zweite nothwendige Theil einer freien Erziehung, ncassca, neben der Gymnastik; eine Trennung von der Poesie erfolgte erst zu der Zeit des Platon und wird von diesem nicht gebilligt. Ihre Geltung als sittenbildendes Mittel behielt sie jedoch immerfort. Pythagoras betrachtete sie als Läuterung und Beruhigung der Seele und als Arzneimittel bei körperlichen Leiden; auch dem Platon und Aristoteles galt sie als edles Erziehungsmittel. Aber zu derselben Zeit fing man auch schon au, über ihre Verweichlichung und ihren nachteiligen Einfluß auf die Volkssitten zu klagen. — In wie weit die schwadien Ansänge in der Musik bei den Chinesen, Indern und Aegyptern ans die Ausbildung bei den Griechen von Einfluß gewesen sind, läßt sid) nicht mehr bestimmen; jedenfalls kam es erst bei den Griechen zu einer wissenschaftlichen Behandlung, wenn auch gerade die Musik, diese Kunst der Seele, der tieferen Innerlichkeit des Menschen, bei dem auf die sinnliche Anschauung und äußere Erscheinung vorzugsweise hingewiesenen Hellenen nicht zu derselben Ausbildung gelangen konnte, wie die Bildhauerkunst und Malerei. Als Erfinder gilt im Mythos neben dem Apollon auch Hermes, der am Nil die 3- oder 7-faitige Lyra erfunden haben soll, oder Athene, der die Erfindung der einfachen Flöte, oder Pan, dem die (vielleicht schon siebenröhrige) Hirtenpfeife zugeschrieben wurde. Außerdem erscheinen Dionysos und die Musen, die Satynt und Sileuos mehr oder weniger als musikalische
!