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1. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 166

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
166 Schüchtern noch streben die zarten Spitzen zum Sichte, die Knospen schwellen, aber sie wagen noch nicht, die schützende Hülle abzuwerfen; nur das Schneeglöckchen läutet das hohe Fest der auferstehenden Natur ein. Wenige laue Tage nur, da hängen Weide und Hasel voller Kätzchen, im Sonnenglanze entfalten sich die Blätter, und Primel und Maiglöckchen, Veilchen und Aurikeln öffnen ihre Blüten. Da hält'- die Mädchen nicht länger im Hause: sie streifen durch Wiesen und Wälder, um Blumen zu suchen. Auf der Straße oder auf der Wiese schwingen Männer und Frauen, Kinder und Erwachsene, den Federball. „Wer den bunten Ball zu werfen hat, sendet ihn mit einem Gruße nach einem, den er lieb hat. Die behenden Bewegungen, der kräftige Wurf, die kurzen Zurufe an Freunde und Gegner sind die Freude der Zuschauer und der Spielenden. Und kommt der sonnige Mai. dann holen die Mädchen den Festschmuck aus der Lade und winden Kränze für ihr Haar und das ihres Freundes. So ziehen sie, bekränzt und mit Bändern geschmückt, den Handspiegel als Zierat an der Seite, mit ihren Gespielen auf den Anger oder zur Dorflinde, wohl hundert Mädchen und grauen sind dort zum Reien versammelt. Dorthin eilen auch die Männer in reicher Kleidung. Der Gürtel ist wohlbeschlagen mit glänzendem Metall, ein Eisenhemd ist in das Kleid gesteppt, die Spitze des Schwerts klingt im Gehen an die Ferse. Die stolzen Knaben sind voll Freude am Kampf, herausfordernd, jeder eifersüchtig auf seine Geltung. Mit Leidenschaft werden die großen Reien getanzt, kühn sind die Sprünge, voll Jubel die Freude, überall die Poesie einer fröhlichen Sinnlichkeit. Laut singt der Ehor der Umstehenden den Text des Reiens, leise fingt das Mädchen die Weise mit. In zahllosen Veränderungen wird das Ausgehen des Frühjahres gerühmt, diesen Strophen folgen andere, zum Teil in lockerem Zusammenhange, wie aus dem Stegreif gedichtet, den Schnaderhüpflen ähnlich, welche sich in Oberdeutschland bei Volkstänzen bis jetzt erhalten haben. Oft i]t der Inhalt ein Streit zwischen Mutter und Tochter, die sich gegen den Rat der Mutter zum Feste schmückt, oder ein Lob schöner Mädchen, ober drollige Auszählung der tanzenden Paare; oft enthält der Text Angriffe auf eine Gegenpartei unter den Tänzern, welche geschildert und verhöhnt werden. Denn leicht bilden sich beim Tanze Parteien, durch spitze Verse wird der Gegner herausgefordert; der Ruhm des jungen Burschen ist, sich nichts bieten zu lassen, der kräftigste Tänzer, der gewandteste Sänger, der kühnste Schläger zu fein. Auf den
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