1900 -
Langensalza
: Schulbuchh. Greßler
- Autor: Meyer-Wimmer, J., Dreyer, Friedrich, Meyer, Johannes
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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Wählen nur zwei Beispiele, um dieses völlige Gesunkensein politischen Sinnes klar zu stellen. Betrachten wir an dem ersten derselben vor allem die veränderte Stellung des Bürgertums den Fürsten gegenüber! —
Die Stadt Münster in Westfalen hat eine überaus reiche Geschichte. Da, wo jetzt die herrlichen Kirchen sich erheben, im Südergau des alten Landes der Bructerer, lagen in der Vorzeit zwei reiche, große Sassenhöfe, der „Brockhof" und der „Kampvorderhof". Westlich von ihnen schlich ein Bächlein träge durch das Wiesenland; die Furt, die durch das Wasser führte, trug den altheidnischen Namen „Mimigardene". Hier hatte einst in alten Tagen Sankt Suidbert ein Kirchlein gegründet, um welches sich nach und nach der herrlich blühende Ort „ad monasterium" ansetzte. „Fest wie Münster!" So lautete ein altes Sprichwort im Westfalenlande! Münster hatte im Reformationszeitalter die furchtbaren Unruhen der Wiedertäufer erblickt; — Münster begrüßte am 5. Mai 1648 in feinen alten Mauern auch den Anbeginn der neuen Zeit. Man schmückte das herrliche alte Rathaus mit maienfrischen Laubgewinden aus; man ließ gar seine und „empfindsame" Symphonieen aus den Fenstern' der Häuser rings umher ertönen; ja, die Ratsherren legten ihre schmucksten Spitzenkragen über den Sammetwämsern an, die Gilden stolzierten mit den blankgeschliffenen Hellebarden aus und ab, und die „Stadtguardia" marschierte unter ihrem Hauptmanne Reumont in tadelloser Weise auf. Gegen Mittag erschien der Graf von Penneranda, Spaniens Arnbaffador, mit großer Pracht in sechs hohen Kutschen, jede mit sechs Rossen bespannt, umgeben von reichgeschmückten Dienern, welche voll altkastilianischen Stolzes gravitätisch einherschritten. In diesem prachtvollen Aufzuge, geleitet von einem Reitergeschwader, begab sich der Graf in den Friedenssaal, um von erhöhter Bühne aus zuvörderst die Unabhängigkeit der sieben vereinigten niederländischen Provinzen auszusprechen. Diesem Separat-frieden folgte im Herbste dann der allgemeine. Auf dem Bischofshofe wurde das Friedensinstrument von den Gesandten der Römischen Majestät unterschrieben, und von den Bastions donnerten nun die Stücke, dreifache Ladung heut enthaltend.
Das war im Jahre 1648 geschehen. Im Herbste 1651 hatte die Stadt einen neuen geistlichen Herrn erhalten; der Domküster Christoph Bernhard von Galen war im September zum Fürstbischöfe gesalbt worden. Es war ein streitbarer Herr, der neue „Pfaff", und ein