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1. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 23

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
23 den Deutschen. Das bedeutendste seiner Werke ist die Histoire de mon temps. In seiner Muttersprache drückt er sich schlecht aus, „Je parle comme un codier“, bekannte er selbst. Die geistlosen Erzeugnisse der Litteratur, welche in der Zeit seiner Jugend erschienen, mußten ihm neben den gewandten und mit Geist und Win gewürzten französischen Schriftwerken wie geschmadloses Landkonfekt neben gaumenkitzelnden Leckerbissen erscheinen. Die geringschätzige. Meinung, welche er über die deutsche Litteratur in der Jugend in sich aufgenommen hatte, behielt er für fein Leben bei, und darum bemerkte er nicht den mächtigen Anf-schwnng, welchen sie gerade in seiner Zeit nahm. Der deut-schenmuse blühte, wie Schiller klagt, „kein Augusteisch Alter". „Von dem größten deutschen Sohne, Von des großen Friedrichs Throne Ging sie schutzlos, ungeehrt." Und es ist ein eigentümliches Spiel des Sd)icksals, daß dieser begründete Vorwurf dem großen Könige zuerst von einem Franzosen gemacht wird. Als M i r a b e a u dem Greis im Jahre 1786 in Potsdam einen Abschiedsbesuch machte, fragte er ihn: „Warum ist der Cäsar der Deutschen nicht auch ihr Augustus geworden?" „Warum hat Friedrich der Große" — setzt er hinzu — „es nicht der Mühe wert gehalten, sich am Ruhme der litterarischen Umwälzung feiner Zeit zu beteiligen, sie zu beschleunigen und durch das Feuer feines Genies und feiner Macht zu unterstützen?" „Was hätte ich" — erwiderte dieser — „zu Gunsten der deutschen Schriftsteller thun können, das der Wohlthat gleichgekommen wäre, die ich ihnen erwies, indem ich sie gehen ließ." Mirabeau hat später die Richtigkeit dieser Bemerkung zugegeben, indem er darauf hinwies, daß sie mit der mangelnden Unterstützung der Großen and) befreit blieb von dem hindernden Zwang. Friedrich selbst aber steht bei seiner Rechtfertigung in fcharfeitt Widerspruch mit der Anffaffuttg, welche er in seiner merkwürdigen Schrift „über die deutsche Litteratur" im Jahre 1780 aufspricht: „Wenn wir Medicäer haben, werden wir auch Genies erblühen sehen. Wo ein Augustus ist, giebt es aud) einen Vergil." Er verkündet der deutschen Sprache und Litteratur ein goldenes Zeitalter, vergleicht sich aber mit Moses, dem es nicht vergönnt sei, das Land der Verheißung zu betreten. Er blickte in die Ferne, und darum bemerkte sein Auge nicht,
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