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1. Praktisches Lehrbuch des erziehenden Geschichtsunterrichts - S. 27

1899 - Wiesbaden : Behrend
— 27 — 2. Regierungsantritt und erste Thaten. Die Prophezeiung des Prinzen von Gremien ist in Erfüllung gegangen; dem großen Kurfürsten ist Großes gelungen. Zustand des Landes. Im Alter von noch nicht 20 Jahren trat Friedrich Wilhelm die Regierung an. Der Ernst der Zeit hatte ihn aber schon zu einem ganzen Manne gereift. „In einem Alter, wo die meisten Menschen erst anfangen, Selbstbeherrschung zu lernen", sagt Friedrich der Große über ihn „gab er Beweise einer vollendeten Klugheit und aller derjenigen Tugenden, welche uns würdig machen, Menschen zu regiereu." Solch' herrliche Gabeu hatte er aber auch nötig für die Erbschaft, die er übernahm. Der 30jährige Krieg war noch nicht beendet. Brandenburg glich einer Wüste. Wer die Mark durchzog, dem kamen die Thränen in die Angen über den Greuel der Verwüstung. In manchen Gegenden fand man meilenweit weder Häuser noch Menschen. Wenn der Frühling in das Land kam, kehrten die Schwalben und Störche wohl zurück; aber das Haus, wo sie gewohnt hatten, fanden sie nicht mehr. Zwar prangten die Bäume im alten Blätterschmucke, jedoch sah man kein Saatfeld, welches das Ange mit dankbarer Freude erfüllt hätte. Die Einwohnerzahl war bis auf die Hälfte gesunken. Was der Krieg verschont hatte, das rafften Pest und Hungersnot fort. Die Hauptstadt Berlin zählte statt 20000 nur noch 6000 Einwohner. Die Hälfte der Häuser lag in Schutt und Asche; Wald und Haide reichten chis in die^Nähe des kurfürstlichen Schlosses. Durch das lange Elend waren die überlebenden Menschen ganz verwildert. Schulunterricht und Gottesdienst hatten fast überall aufgehört. Und noch immer hausten in der Mark die Schweden und die unzuverlässigen kaiserlichen Truppen. Der Kurfürst gestand selbst: „Auf der einen Seite habe ich die Schweden, auf der anderen Seite den Kaiser. Ich sitze zwischen ihnen und warte, was sie mit mir anfangen, ob sie mir das Meinige lassen oder nehmen wollen." Die kaiserlichen Truppen waren dem Kaiser vereidet, aber dem Kurfürsten nur durch Handschlag verpflichtet. Sie waren Söldner, um hohen Lohn (Sold) für die Zeit des Krieges gedungen. Dieses hergelaufene Gesindel, das während des Krieges in Freundesund Feindesland brandschatzte und auch nach dem Kriege noch den Schrecken des Landes bildete, diente nur so lange, als es bezahlt wurde — heute diesem, morgen jenem Herrn. Alle kurfürstlichen Kassen waren aber leer, und der kaiserliche Sold blieb schon seit längerer Zeit ans. Dazu wollten die Polen den neuen Kurfürsten nur unter den drückendsten Bedingungen mit Preußen belehnen. In den Kleveschen Landen endlich^waren die meisten Festungen noch von den Holländern besetzt. Erste Thaten. Friedrich Wilhelm war demnach, wie sein großer Nachkomme Friedrich sagt, „ein Herrscher ohne Land, ein Kurfürst ohne Macht, ein Erbe ohne Erbteil". Allein er verzagte nicht. Sein Wahlspruch lautete: „Gott meine Stärke!" Mit Einsicht und Kraft ging er im Vertrauen auf Gottes Hilfe an feine schwere Aufgabe. Zunächst mußte er Herr im Sande werden. Deshalb entließ er alle kaiserlichen Soldaten, welche ihm nickt Treue schwören wollten. Nur der Kommandant
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