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1. Praktisches Lehrbuch des erziehenden Geschichtsunterrichts - S. 59

1899 - Wiesbaden : Behrend
— 59 — Der ganze Tuchbedarf für die Armee wurde ebenfalls im Jnlande beschafft. Die Wollenmanufaktur kam bald so in Blüte und Ansehen, daß ihr sogar die gesamte Tuchlieferung für die russische Armee übertragen wurde. Da die einzelnen Landesteile noch verschiedenes Maß und Gewicht hatten, ließ der König zur wesentlichen Hebung von Handel und Berkehr im ganzen Staate gleiches Maß und Gewicht einführen. Für die Handwerker sorgte er 1733 durch eine Handwerksordnung, die alle Mißbrauche abstellen sollte. Darin werden die Meister angehalten, die Lehrjungen in gebührende Zucht zu nehmen, sie zu Gottesfurcht und guten Sitten zu erziehen und zu tüchtigen Handwerkern heranzubilden. Die Rechtspflege. Eine gute Rechtspflege lag dem Könige sehr am Herzen. Schon gleich beim Regierungsantritte klagte er: „Die schlimme Justiz schreit zum Himmel, und wenn ich es nicht bessere, lade ich selbst die Verantwortung auf mich!" Das Urteil sollte möglichst rasch gefällt werden; am liebsten urteilte er selbst gleich ab. Der Gebrauch der Folter zur gewaltsamen Erpressung von Geständnissen wurde eingeschränkt, alle Hexenverfolgungen ließ er strengstens verbieten. Konnte man in früherer Zeit den Angeklagten nicht zum Geständnisse bringen, so kam oft die Folter in Anwendung. Man legte dem Unglücklichen Daum- und Beinschrauben an, die ihm die Glieder derartig zusammenpreßten, daß das Blut hoch herausspritzte und die Knochen gequetscht wurden. Man hing ihn an den Händen an der Decke auf und beschwerte die herabhangenden Füße mit schweren Gewichten, sodaß sich der Körper des Gemarterten unter gräßlichen Schmerzen ausdehnte. Wie mancher Unschuldige hat in dieser Not Verbrechen gestanden, an die sein Herz nie gedacht hat, um nur aus dieser entsetzlichen Qual befreit zu werden. Wie mancher armen Frau, die im Verdachte stand, eine „Hexe" zu sein, hat die Folter das unsinnige Geständnis entlockt, daß sie mit dem Teufel im Bunde stehe und durch dessen Kraft Menschen und Haustieren Schaden zufügen, ja sie durch den Blick töten könne. Der Scheiterhaufen endete dann ihre Leiden. Gott Dank, daß diese Zeiten vorüber sind! Wir leben in einem Staate, dessen Gesetze den friedlichen Bürger schützen und nur den Bösewicht die Strenge des Gesetzes in gerechter, menschlicher Weise fühlen lassen. Die Advokaten waren dem Könige zuwider, weil er glaubte, sie verdrehten das Recht. Einst wohnte er in Minden einer Gerichtssitzung bei. Als der Advokat der einen Partei geredet hatte, sagte er: „Der Kerl hat recht!" Der Advokat der Gegenpartei redete indessen so geschickt, daß der König ausrief: „Der Kerl hat auch recht!" Ärgerlich sprang er auf und verließ den Saal. Die besten Nechtsgelehrten beauftragte er mit der Ausarbeitung einer neuen Gerichtsordnung, deren Vollendung er aber nicht mehr erlebte. *) Harte Strafen standen auf Vergehen gegen das Eigentum. Hausdiebe ließ er vor der Thüre des bestohlenen Gebäudes *) Der Präsident des Kammergerichts zu Berlin, Samuel von Cocceji, wurde 1737 mit der Aufstellung eines alle Provinzen des Staates umfassenden allgemeinen Landrechts beauftragt, das unter Friedrich dem Großen in dem Corpus juris Fridericianmn einen ersten Abschluß erhielt.
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