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1. Praktisches Lehrbuch des erziehenden Geschichtsunterrichts - S. 93

1899 - Wiesbaden : Behrend
— 93 — der Bevölkerung gegen den großen Herrscher folgendes, rührende Bild: „Der König kam von einer Truppenschau durch das Hallesche Thor. Er ritt auf einem großen, weißen Pferde; hinter ihm kamen eine Menge Generale, dann die Adjutanten, endlich die Reitknechte. Die Straßen waren gedrückt voll von Menschen, alle Fenster besetzt, alle Häupter entblößt überall das tiefste Schweigen und auf allen Gesichtern ein Ausdruck vou Ehrfurcht und Bertraueu, wie zu dem gerechten Lenker aller Schicksale. Der König ritt ganz allein vorn und grüßte, indem er fortwährend den Hut abnahm. Bei dem Palais der Prinzessin Amalie, die er besuchen wollte, war die Menge noch dichter, der Vorhof gedrängt voll, doch in der Mitte, ohne Anwesenheit der Polizei, geräumiger Platz für ihn und seine Begleiter. Er lenkte in den Hos. Die Flügelthüren schloffen sich, alles war verschwunden, und noch stand die Menge, entblößten Hauptes, schweigend, alle Augen ans den Fleck gerichtet, wo er verschwunden war, und es dauerte eine Weile, bis ein jeder sich fammelte und ruhig seines Weges ging. Und doch war nichts geschehen! Keine Pracht, kein Feuerwerk, keine Kanonenschüsse, kein Trommeln und Pfeifen, keine Mnfik, kein vorangegangenes Ereignis. Nein, nur ein 73jähriger Mann, schlecht gekleidet, staubbedeckt, kehrt von feinem mühsamen Tagewerk zurück. Aber jedermann wußte, daß dieser Alte auch für ihn arbeite, daß er sein ganzes Leben an diese Arbeit gesetzt und sie seit 45 Jahren noch nicht einen einzigen Tag versäumt hatte. Jedermann sah auch die Früchte dieser Arbeiten, nah und fern, ruud um sich her, und wenn man anf ihn blickte, so regten sich Ehrfurcht, Bewunderung, Stolz, Vertrauen, alle edlereu Gefühle des Menschen." Friedrichs Lieblingsaufenthalt war das Schloß Sanssouei bei Potsdam. So oft er nach Berlin kam, lief Alt und Jung zusammen und ließ den alten Fritz hochleben. Die Berliner Jungen umtanzten und umsprangen ihn, warfen die Mützen in die Luft, wischten ihm den Staub von seinen Füßen und streichelten seinen Schimmel. Friedrich ließ es sich gefallen. Vielleicht erfreute er sich in beni Gedanken, daß auch diese Buben einst wackere Männer werden wollten, die seinem Nachfolger, wenn nötig, das teure Vaterland schützen helfen würden. Als sie es ihm aber eines Tages zu arg trieben, erhob er drohend seinen Krückstock und gebot ihnen, in die Schule zu gehen. Da kicherte und frohlockte alles, und die Mutwilligsten riefen: „Der alte Fritz will König sein und weiß noch nicht, daß Mittwochs nachmittags keine Schule ist!" 2. Sein Ende. In den letzten Jahren seines Lebens war der König oft leidend. Tief betrübt mußte er fehen, wie seine treuen Kampfgenossen und guten Freunde einer nach dem anderen ins Grab sanken. Es wurde immer einsamer um ihn; Flötenspiel und Saitenklang waren verstummt. Die Beschwerden des Alters traten bald stärker auf. Monatelang mußte er Tag und Nacht im Sessel sitzen, weil er das Liegen nicht ertragen konnte. Besonders plagte ihn die Gicht; auch die Vorboten der Wassersucht stellten sich ein. Im Herbst 1785 hatte seine Gesundheit einen schweren Stoß erlitten bei den schlesischen Manövern. Sechs Stunden
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