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1. Praktisches Lehrbuch des erziehenden Geschichtsunterrichts - S. 96

1899 - Wiesbaden : Behrend
— 96 — ihm fremd. In den einfachen Räumen Friedrichs herrschte bald wieder ungewohnter Glanz, und der mühsam ersparte Staatsschatz schwand in bedenklicher Weise. So machte Friedrich Wilhelm Ii. nur den ersten Teil seines Wahlspruches „Aufrichtig und standhaft" zur Wahrheit. Jedoch zierten ihn auch viele edle Eigenschaften. Er war von hoher, stattlicher Gestalt und männlicher Schönheit: mannigfache Kenntnisse des Geistes zeichneten ihn aus. Schon vor seiner Thronbesteigung hatte er sich durch liebenswürdiges Wesen und freundliches Wohlwollen gegen jedermann die Liebe des ganzen Volkes in hohem Grade erworben; man nannte ihn nur den Vielgeliebten. Echter Soldatenmnt beseelte ihn. In einem Gefechte baten seine Generale, er möge sich doch nicht so sehr dem feindlichen Kugelregen aussetzen; die unerschrockene Antwort lautete: „Das hat nichts zu bedeuten, wir schießen ja auch wieder." Sorge für Land und Volk. Voll guten Willens trat Friedrich Wilhelm Ii. die Regierung an. Seine ersten Regierungshandlungen zeigten, wie treu er es mit dem Volke meinte. Er erleichterte allen Unterthanen die Steuerlast, entließ die verhaßten französischen Beamten und besetzte ihre Stellen mit deutschen Beamten. Mit Dank begrüßten es alle, als er auch den Alleinhandel des Staates mit Kaffee und Tabak abschaffte. Noch mehr gewann er die Zuneigung des Volkes durch deu Befehl, die Strafgesetze milde zu handhaben. Er wünschte, daß möglichst wenig Todesurteile gefällt würden; „foll aber getötet werden"', sprach er, „so lasset jede Marter weg". Auch im Heere drang er mit Entschiedenheit auf bessere Behandlung der Soldaten. Da in demselben viele angeworbene Ausländer dienten, hielt man die strengsten Strafen nötig, um die Soldaten in Zucht und Ordnung zu halten. Schimpfen, Stoßen und Schlagen war an der Tagesordnung. Jetzt sollten die Soldaten mehr durch Weckung des Ehrgefühls als dnrch harte Strafen zur treuen Pflichterfüllung angehalten werden. Auch wurden zweckmäßige Änderungen in der Bekleidung und Beköstigung vorgenommen. *) Was aber das Heer an äußerer Verbesserung gewann, das verlor es an innerer Tüchtigkeit. Der König bewahrte ihm nicht das starke Gefühl der Verantwortlichkeit, und bald ließ der frühere Diensteifer nach. Am wohlthätigsten machte sich Friedrich Wilhelms Einwirkung zu Gunsten deutscher Wissenschaft und Bildung geltend. Unter-Friedrich dem Großen war diese wegen seiner Vorliebe für französische Schriftsteller sehr zurückgegangen. Mau wußte von dem neuen Fürsten, daß er seine höchste Freude fand an den Meisterwerken der deutschen Dichter seiner Zeit, eines Göthe und Schiller. Da glaubten alle, daß nun auf das eiserne Zeitalter Friedrichs des Großen ein goldenes Zeitalter der deutschen Wissenschaft folgen werde. Die Akademie der Wissenschaften und die Akademie der Künste erhielten bedeutende Unterstützungen. An die erstere berief er vorzugsweise deutsche Gelehrte; die deutsche Sprache, bisher am Hose und in der höheren Gesellschaft wie Aschenbrödel ') Der General von Möllendorf führte biere Verbesserungen herbei; erstand an der Spitze des neu errichteten Ober-Kriegskollegiums, das den Grund zu dem späteren Kriegsministerium legte.
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