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1. Der moderne Geschichtsunterricht - S. 107

1900 - München : Oldenbourg
Das europäische Gleichgewicht und dev Erbfeind. Io1/ deutsches, französisches, österreichisches u. s. w. in Strömen. Was kümmert das aber einen edlen Briten? England war dafür der Hort der Freiheit und hatte ihr eine Gasse in Europa gebahnt.*) Der Kontinent stand der englischen Industrie wieder offen; die schönsten Kolonien hatte man den Kontinentalen mit ihrer eigenen Beihilfe abgenommen. Eine neue politisch-wirtschaftliche Zusammenfassung derselben war so leicht nicht wieder zu fürchten, dafür sorgte das »europäische Gleichgewicht«. Die heilige Alliance sub numine et auspiciis Metternichs hatte Besseres zu thun, als den Engländern auf die Finger zu sehen. Sie musste den Völkern, die riesige Opfer an Gut und Blut gebracht, die dummen Freiheitsgedanken austreiben und das väterliche Regiment über die geliebten Unterthanen wieder aufrichten; sie musste die Nörgler auf die Festungen schicken, und was dergleichen volkstümliche Mafsregeln mehr waren. Albion aber nahm sich diese Kontinentalsperre gar sehr zu Herzen; so etwas durfte nie wieder vorkommen. Mit wunderbarer Konsequenz arbeitete man allmählich darauf hin, die Absatzgebiete immer mehr nach den Kolonien zu verlegen, wozu die neuen Erwerbungen die schönste Gelegenheit boten. Zum grossen Teil ist es bereits gelungen. Eine neue Kontinentalsperre könnte England niemals mehr so tödlich treffen wie früher, wenn sie auch noch immer ernst genug wäre. Bei der Weisheit des europäischen Konzertes ist sie übrigens nicht zu befürchten. c) Das europäische Gleichgewicht und der Erbfeind. Oxenstierna soll zu Gustav Adolf in Erfurt gesagt haben: » Videbis, mi fili, quam parva sapientia vtundus regituri (Du wirst sehen, mein Sohn, mit wie wenig Weisheit die Welt regiert wird). Nun, se non e vero, e den trovato. Oxenstierna stand ja selbst mitten im Getriebe der europäischen Politik und musste es, bezw. konnte es wenigstens wissen. Glauben möchte man es ihm gern, wenn man sieht, wie die hohlsten Phrasen, wenn sie nur etwas Bestechendes an sich haben und der Menschheit lange und klug genug suggeriert werden, Jahrhunderte hindurch die Menschen nicht bloss beherrschen, sondern sie auch veranlassen, Ströme von Blut zu *) Siehe Schiller : »Oie unüberwindliche Flotte«. Dass England mit seinen heuchlerischen Humanitätsphrasen immer wieder gläubige Seelen findet, ist ein geistiges Armutszeugnis, wie wir es uns gar nicht trauriger ausstellen können.
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