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1. 1861 - 1871 - S. 37

1913 - Leipzig [u.a.] : Teubner
21. Aufzeichnungen Friedrichs von Laden über die Versailler Vorgänge 37 er stets bei großen Anlässen zu tun pflegt; er trug alle militärischen (Drben und Ehrenzeichen (Europas. Noch selten sah ich den König so ergriffen, daß er den Eindruck machte, tiefgebeugt zu sein. (Er war rasch die große Marmortreppe hinangestiegen und trat so atemlos in den Saal der Fürsten, daß, mit der innern Bewegung vereint, er Mühe hatte, eine kurze Ansprache an uns alle zu richten, in welcher er kurz die Bedeutung des bevorstehenden Aktes schilderte. Ich benutzte einen freien Augenblick, dem König die vorhin bezeichnete Lage zu schildern, und hob hervor, daß nach erfolgter königlicher Sanktion es mir ratsam scheine, bei diesem feierlichen Akt nur die Ausdrücke zu gebrauchen, welche streng den gegebenen Bestimmungen entsprächen, da ja jeder hier von offizieller Bedeutung fei. Der König war sehr ungehalten darüber und äußerte sich in heftigen Ausdrücken über Gras Bismarck. Ich suchte ihn dadurch zu beruhigen, daß ich ihm vorschlug, ich wolle das hoch so ausbringen, daß weder die eine, noch die andere Bezeichnung gebraucht werde; woraus der König etwas unwillig erwiderte: ,,Du kannst das machen wie Du willst, ich werde mich später doch nur so nennen, wie ich es will, nicht wie Bismarck es bestimmen will." Nun war ich wieder auf mich selbst angewiesen, da der König sich abwendete und uns aufforderte, ihm in den großen Saal zu folgen. Da ich dem König mit dem Kronprinzen folgte, so machte ich letzterem den Vorschlag, nur Kaiser Wilhelm zu sagen, womit er einverstanden war. wir durchschritten nun die vorhergenannten Prachtsäle bis zur großen Galerie Ludwigs Xiv. Nun kam die Reihe an mich — ich trat zum Kaiser heran, verbeugte mich und bat um die (Erlaubnis, die Versammlung zu einem hoch auf ihn einladen zu dürfen. Nickend erteilte der Kaiser die Genehmigung, und ich rief so laut wie möglich in die harrende, lautlose Versammlung: ,,Seine Kaiserliche und Königliche Majestät — Kaiser Wilhelm, lebe hoch!", was sechsfach wiederholt wurde. Darauf reichte mir der Kaiser die Hand in äußerst herzlicher weife und wandte sich an den Kronprinzen, der von dem Akte so ergriffen war, daß er vor dem Vater das Knie beugte und feine segnende Hand erbat. Der König erhob ihn mit sehr inniger Umarmung und in tiefster Bewegung, welche sich allen Anwesenden sichtbar mitteilte. Dann begrüßte der Kaiser jeden einzelnen Fürsten und nahm die Begrüßung der zahlreichen Versammlung dadurch entgegen, daß die Anwesenden gruppenweise herantraten und eine Verbeugung machten. Nach diesem Begrüßungsakt ging der Kaiser zu den Fahnen und sprach mit den Trägern, dann stieg er vom hochtritt herab, sprach mit vielen Generälen und Standesherren und ging unter den Klängen eines Festmarsches an der langen Reihe der Dekorierten herab, mit vielen tapfern Kriegern freundliche Worte sprechend. Der Kaiser hatte nun wieder feine sonstige Frische und kräftige Haltung gewonnen.
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