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1. Bilder aus der Kulturgeschichte unseres sächsischen Vaterlandes - S. 41

1913 - Leipzig : Dieterich
den, entweder, weil sie Gemeindebesitz (Allmende) waren, oder weil einzelne das Recht dazu hatten. Ehe diese Frist nicht abgelaufen war, durfte das Land nicht bestellt werden. Am meisten klagten die Bauern über die Hut- und Triftgerechtigkeit des Rittergutes. Es war die Befugnis der Herrschaft, ihr Vieh auf die Grundstücke ihrer Bauern treiben und dort weiden zu lassen. Die Triftzeit währte im Frühjahre gewöhnlich bis zum 11. Mai, im Herbste vom Oktober bis zum Eintritt strengen Frostes. Solange durfte der Landmann kein Feld bestellen. Ein abgebrannter Bauer in Pröda bei Meißen hatte zum Neubau seines Gehöftes auf seinem eigenen Grund und Boden Steine gebrochen. Er wurde bestraft, weil er die Schafhutung „geschmälert" habe. Kein Landmann konnte im Herbste die Winterstoppeln umpflügen; erst wenn im Frühlinge die „offene Zeit" kam, durfte er den Acker zur Sommerfrucht und die Brache zur Sömmerung bearbeiten, aber mittlerweile verbreitete sich das Unkraut massenhaft über das Feld. Auf den Brachen durften keine Futterkräuter angebaut werden, weil sie für die Hutung des Rittergutes reinzuhalten waren. Es konnten dann natürlich auch nur solche Früchte gezogen werden, die bis zur aufgehenden Hut und Trift reif wurden. Schädigten Mißwachs oder Hagel die Getreidefelder, so war es dem Bauer unmöglich, seine Felder nochmals zu bestellen, um den Verlust wenigstens einigermaßen zu ersetzen. Tat er es doch, so mußte er dulden, daß der Rittergutsschäfer, damals eine übel berufene Person, die neugewachsenen Früchte rücksichtslos abhüten ließ, sobald die Hutungszeit anbrach. So fraßen sich fremde Herden auf des Bauern Feldern satt, während sein eigenes Vieh oft von der Weide ausgeschlossen war. Demnach haben auch Gemengelage, Flurzwang, Gemeinheiten und Triftgerechtigkeit wesentlich dazu beigetragen, daß die Landwirtschaft Sachsens wie ganz Deutschlands nicht fortschritt. Erst als 1832 die große Bauernbefreiung in Sachsen einsetzte, wurde es besser damit. Der Landwirt hat also durchaus keine Ursache, die „gute alte Zeit" zurückzuwünschen. 41
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