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1. Frauengestalten - S. 37

1898 - Wiesbaden : Behrend
— 37 — an der Erbschaft wurde erst seit dem dreizehnten Jahrhundert Brauch. Im übrigen war aber Frauentugend hochgeschätzt, namentlich von den Rittern, und weibliche Hilflosigkeit zu schützen gegen jede Unbill gehörte zu den ersten und heiligsten Pflichten des edlen Mannes. Die Erziehung der Mädchen war äußerst einfach. Sobald die Mädchen dem kindlichen Spiele entwachsen waren, wurden sie unter Leitung der Mütter in weiblicher Arbeit und Kunst unterwiesen, namentlich im Spinnen, Weben, Wirken und Anfertigen von Gewändern. Fürstentöchter wurden in der Regel einer Erzieherin — Meisterin — übergeben und waren während dieser Zeit meist von einer Schar gleichalteriger Mädchen aus den vornehmsten Familien des Landes umgeben, die deu Unterricht in weiblichen Fertigkeiten und in der Anstandslehre mit genossen. Wer von den Reicheren seine Töchter nicht bei Hof unterbringen konnte, gab sie in ein Frauenkloster zur Erziehung, welche freilich sich fast dnrchgehends auf das Beibringen mechanischer Geschicklichkeit in feineren weiblichen Arbeiten und der Kenntnis der Gebetsformeln, einiger biblischer Geschichten und Heiligenlegenden beschränkten. Von den: Unterrichte in den Schulen waren die Mädchen noch völlig ausgeschlossen. So hatten denn nur wenige Gelegenheit, unter der Leitung eines Geistlichen im Lesen und Schreiben unterrichtet zu werden. Mathilde, die Gemahlin Heinrich I., ließ nach dem Tode ihres Gemahls sich und ihren weiblichen Hofstaat noch im Lesen und Schreiben unterrichten. Daß jedoch auch in den Frauenklöstern da und dort ein größerer Bildungstrieb, ein mehr wissenschaftlicher Sinn sich regte, beweist beispielsweise der Name Roswitha (s. Nr. 6). Auch ist ausgemacht, daß viele Frauen des Mittelalters in feiner und geistreicher Weise bedeutende Gesprächsstoffe zu behandeln verstanden und daß sie Latein sprachen und schrieben. Wir dürfen mit Bestimmtheit annehmen, daß auf den Putztischen vieler Burgfrauen Liederbüchlein und Rittergedichte in zierlicher Handschrift zu sehen waren, wenn auch nicht so zahlreich, wie die Albums und Miniaturausgaben auf dem Tische der heutigen Frauenwelt. So verging den Mädchen die Zeit der Jugend in großer Einfachheit und Zurückgezogenheit. Nur bei Turnieren und anderen festlichen Gelegenheiten pflegten sie öffentlich zu erscheinen. Sonst sah man sie nur bisweilen am Fenster oder während der Messe in der Kirche, wo die Fraueu, wie noch heute auf dem Lande, ihre besonderen Plätze hatten. Das gesellige Leben bewegte sich in den strengen Formen herkömmlicher Sitte. Ging eine Frau ans, so mußte sie vor sich hinsehen, ohne die Augen umherschweifen zu lassen; auch galt es für unschicklich, wenn sie sich umschaute oder wenn sie ohne Mantel ausging. Keine Frau konnte ohne männliche Begleitung im Theater, auf Bällen, Spaziergängen oder gar in Bierstuben sich zeigen. — Trotzdem war es ihre Pflicht, wenn sie angesprochen wurde, gegen
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