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1. Frauengestalten - S. 61

1898 - Wiesbaden : Behrend
— 61 — Wie Friedrich Wilhelm das Vorbild eines weisen Landesvaters darstellte, so bildete sie das Muster einer edlen und tngendsamen Landesmutter. Luise besaß eine herzgewinnende Freundlichkeit, hatte eineu sehr Hellen Verstand und eine ruhige praktische Auffassung der Verhältnisse. Oft milderte sie beit heftig aufbrausenden Zorn des Kurfürsten und hielt ihn vor übereilten Schritten zurück. Sie begleitete ihren Gemahl auf allen Steifen, selbst auf seinen Feldzügeu. Eine besonders gesegnete Wirksamkeit entfaltete die junge Kurfürstin in Oranienburg, das früher Bötzow hieß, und Neuholland, welche Dörfer ihr zu Ehren so genannt wurden. Hier sorgte sie mütterlich für ihre Untergebenen und regte durch Viehzucht, Garten- und Ackerbau auf ihren Besitzungen überall zu nützlicher Thätigkeit an. Sie berief aus ihrer Heimat Gärtner und Bauern, welche den Branden-bnrgern als Muster und Lehrer für den Ackerbau dieuteu. Sie ließ Zuchtrinder, ferner feine Obstsorten und gute Gemüsearten ans Holland kommen, ließ die ersten Kartoffeln anbauen und pflanzte kostbare Tulpenzwiebeln. Um alle Zweige der Wirtschaft kümmerte sie sich und führte Buch darüber. Zu deu Bauteu entwarf sie selbst Zeich-nuugeu, in den Gartenanlogen wies sie selbst den Bänmen ihre Plätze an. Bei Anlegung der „Linden" in Berlin pflanzte sie eigenhändig den ersten Baum. In die Teiche setzte sie Fische und überwachte ihre Pflege. Zur besseren Verwertung der Milch legte sie eine Molkerei an. Bei der Tanse ihres zweiten Sohnes — das erste Söhnlein starb zum großen Schmerze der Eltern bereits im ersten Lebensjahre — stiftete die Kurfürstin in Oranienburg eiu Waisenhaus, umarmen, elternlosen Kindern eine Heimstätte zu bieten. Fast täglich besuchte sie diese Kinder; sie liebte sie wie eine Mutter und war der belebende Sonnenstrahl ihrer freudlosen Jugendzeit. Die Kurfürstin war überhaupt eine Mutter der Annen und Notleidenden und unterstützte mit vollen Händen; nicht selten versah sie den Dienst einer barmherzigen Schwester und stand im Spital den Sterbenden bei. Dem Schulunterrichte wandte sie gleichfalls ihre landesmütterliche Fürsorge zu; durch sie wurde das Unterrichtswesen gefördert und die öffentliche Wohlthätigkeit durch Errichtung von Hospitälern und Waisenhäusern angeregt. Viel Sorgfalt verwendete sie auch auf die Erziehung ihrer Kinder und stellte tüchtige Lehrer au. Troß des Glanzes, den wir sonst und um diese Zeit mehr denn je bei Hose finden, bewahrte Luise ihre Einfachheit und die stillen Tugenden der Häuslichkeit. Sie verschmähte die französische Mode, die zu dieser Zeit maßgebend war, und verunzierte nicht nach damaliger Sitte ihr Angesicht mit Schönheitspflästerchen (S. 39); sie war eine schlichte und doch im wahren Sinne des Wortes eine fürstliche Frau.
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