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1. Frauengestalten - S. 83

1898 - Wiesbaden : Behrend
— 83 — Auf diesen Gängen war die Psarrfrau oft begleitet von einem kleinen Mädchen, einem armen Kinde aus Bellefosse, es ist dies ein Weiler, welcher zur Pfarrei Waldbach gehörte. Das Mädchen hieß Luise Scheppler und war geboren am 4. November 1763. Luise kannte keinen höheren Genuß, als in dem Pfarrhanse kleine Dienstleistungen zu übernehmen oder der Frau Pfarrerin auf ihren Gängen zu den Armen und Kranken den Korb mit den Lebensmitteln zu tragen. Die größte Freude aber ward ihr zu teil, als sie nach ihrer Konfirmation als Magd in das Pfarrhaus einziehen konnte. Man hatte hier schon lange das Kind mit dem regen Geiste und dem herrlichen Gemüte lieb gewonnen; und gar bald merkten die braven Pfarrersleute, daß sie an der neuen Magd nicht nur eine Helferin im Hause, sondern auch eine treffliche Gehilfin ihres Wirkens in der Gemeinde gefunden hatten. Luise hatte auch eine große Liebe zu kleinen Kindern, mitleidig blickte sie ans dieselben, wenn sie, sich ganz allein überlassen, aus der Straße lärmend oder auch weinend sich aufhielten, denn viele Eltern waren fort in den Wald oder auf das Feld, und die Kleinen ohne alle Aussicht, und dadurch vielen Gefahren, vor allem der Gefahr der Verwahrlosung ausgesetzt. Luise sann und sann, ob es nicht möglich sei, von ganz früh an ein besseres Geschlecht heraufzuziehen. Da nahm sie einmal eine Anzahl kleiner Mädchen und Knaben in mütterliche Pflege, reinigte ihnen zuerst Gesicht und Hände, setzte sie dann in Reih und Glied und erzählte ihnen kleine Geschichten, sang ihnen ein Liedchen vor, spielte dann mit ihnen, zeigte und erklärte ihnen Bilder — kurz, das Steiuthaler Dienstmädchen that, was jetzt die dazu besonders vorbereiteten Kindergärtnerinnen thun. War das Wetter unfreundlich, ba versammelten sich die Kinder in der Scheune des Pfarrhofes. Oberliu sah staunenb zu, und der Gebaute an die Kleinkinderbe-wahrung wurde immer mächtiger in ihm und erfüllte lebhaft fein Herz. Er sorgte für helle Räume zur unentgeltlichen Aufnahme der Kinder vom dritten bis zum siebenten Lebensjahre, auch beschaffte er Bilder und andere Anschauungsmittel. Luise Scheppler aber ist diesem Dienste an den Kleinen treu geblieben bis an ihr Lebensende. Achtundfünfzig Jahre lang war sie die geschickteste unter den Leiterinnen der Kinderbewahranstalten; keine konnte so erzählen wie sie, so faßlich und so zum Herzen sprechend, keine vermochte die Augen der Kinder so erglänzen zu lassen, wie sie, wenn sie Geschichten vom Heiland erzählte. Dabei versäumte sie die Sorge für die Armen und Kranken nicht, und als die treusorgende Gattin Oberlins bereits verstarb, als Luise erst zwanzig Jahre alt war, so besorgte letztere auch das ganze Haus- 6*
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