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1. Aus der deutschen Geschichte bis zum Ausgange des Mittelalters - S. 118

1912 - Langensalza : Beltz
— 118 — Geißelkammer!" sprach er. „Ist keiner der Brüder zurzeit einer Strafe verfallen?" fragte sie. „(Es möcht' ein lehrreich Beispiel sein . . Da zuckte der böse Sinboll mit dem rechten Fuß, als wäre er in einen Dorn getreten, rückte sein Ghr rückwärts, wie wenn von dort eine Stimme ihm riese, sprach: „Ich komme sogleich," und enteilte ins Dunkel des Ganges. (Er wußte warum. Notker, der Stammler, hatte nach jähriger Arbeit die Abschreibung eines Psalterbuchs vollendet und es mit zierlich seinen Federzeichnungen geziert. Das hatte der neidische Sindolt nächtlicherweile zerschnitten und die Weinkanne darüber geschüttet. Drob war er zu dreimaliger Geißelstrafe verdammt, der letzte Vollzug stand noch aus. Der Rbt drängte, daß sie vorüberkamen. Seine Prunkgemächer waren mit Blumen geschmückt. Frau Hadtvig warf sich in den einfachen Lehnstuhl, auszuruhen vom Wechsel des Erschauten. Sie hatte in wenig Stunden viel erlebt. (Es war noch eine halbe Stunde zum Abendimbiß. 3n der Küche aber ward inzwischen unter Gerolds, des Schaffners, Leitung eine Tätigkeit entwickelt, die nichts zu wünschen übrig ließ. Jetzo läutete das Glöckleia, dessen Ton auch von den frömmsten Brüdern noch keiner unrpillilg gehört: der Huf zur Abendmahlzeit. Abt (Eralo geleitete die Herzogin ins Refektorium. Sieben Säulen teilten den luftigen Saal ab; an vierzehn Tischen standen des Klosters Mitglieder, Priester und Diakonen. Sie erwiesen dem hohen Gast keine sonderliche Aufmerksamkeit. Das Amt des Vorlesers vor dem Imbiß stund in dieser Woche bei Ekkehard, dem Pförtner. (Er trat auf und sprach einleitend: „Herr, öffne meine Lippen, auf daß mein Ittund dein £ob verkünde," und alle sprachen's ihm murmelnd nach, als Segen zu seiner Lesung. Nun erhob er seine Stimme und las den vierundvierzigsten Psalm, den die Schrift selber einen lieblichen Gesang nennt. Die Mahlzeit begann. Der Küchenmeister, wohl wissend, wie bei Ankunft fremder Gäste (Erweiterung der schmalen Klosterkost gestattet sei, hatte es nicht beim üblichen Mus mit Hülsenfrüchten bewenden lassen. Wohl erschien zuerst ein dampfender Hirsebrei, auf daß, wer gewissenhaft bei der Regel bleiben wollte, sich daran ersättige; aber Schüssel auf Schüssel folgte, bei mächtigem Hirschziemer fehlte der Bärenschinken nicht, sogar der Biber vom obern Fischteich hatte sein Leben lassen müssen. Fasanen, Rebhühner, Turteltauben und des Vogelherds kleinere Ausbeute folgten, der Fische aber eine unendliche Auswahl, jo daß schließlich ein jegliches Getier, watendes, fliegendes, schwimmendes und kriechendes, auf der Kloster-tafel seine Vertretung fand. Der stattliche Nachtisch, auf dem Pfirsiche, Melonen und trockene Feigen geprangt hatten, war verzehrt. Auch nach der Mahlzeit — so wollte es des Ordens Regel — war zur (Erbauung der Gemüter ein Abschnitt aus der Schrift oder dem Leben heiliger Väter zu verlesen. (Ekkehard hatte am Tag zuvor das Leben des heiligen Benediktus begonnen, das einst Papst (Bregorius abgefaßt. (Er wollte mit dem zweiten Kapitel fortfahren, aber Spazzo, der Kämmerer, schlug unversehens dem Vorleser das Buch zu, daß der holzbeschlagene Deckel klappte, hob ihm seinen Pokal entgegen und sprach: „Soll leben, der heilige Benedikt!" und wie ihn Ekkehard vorwurfsvoll ansah, stimmte schon die jüngere Mannschaft der Klosterbrüder lärmend ein, und fröhlicher Zechsang und lauter Jubel klang durch den Saal. Etliche stürmten hinaus; bald kamen
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