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1. Aus der deutschen Geschichte vom Beginne des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart - S. 58

1912 - Langensalza : Beltz
— 58 — „Ermuntere dich, Karl, dein Kummer nabt feinein Ende. Schill ist da!" Wer jemals mit einet* brennenden Sehnsucht im Herzen schlafen gegangen und durch das Wort der Erfüllung geweckt worden ist, der wird mein Entzücken begreifen. Die Gerüchte des gestrigen Abends batten sich, wenigstens was den ersten Teil derselben betraf, über Erwarten schnell bestätigt. Die sächsische Grenze war etwa eine halbe Stunde von Niemegk von den Schillschen überschritten worden, das Korps zog weiter gen Wittenberg, Schill selbst hielt eine flüchtige Rast und Einkehr auf dem Gute Niemegk, hauptsächlich um bei meinem Bruder, der ihm als patriotischer Gesinnungsgenosse bekannt war, über Land und Leute Erkundigungen einzuziehen und dessen gute Spezialkarten zu benutzen. Kaum hatte ich diesen Zusammenhang schneller noch erraten als vernommen, als ich wie ein Sturmwind in den Kleidern war und die Treppe hinabflog in das Familienzimmer zu ebener Erde, wo der hochwillkommene Gast, der kühne Streiter von Kolberg, der Held der unglaublichen Kunde, die seit gestern unser aller Gemüter erfüllt hatte, sich freundlich zu meiner Begrüßung erhob. Der Bund der Treue, das Gelübde der Hingabe und Anhänglichkeit an das heilige Befreiungswerk war schnell mit Kuß und Handschlag besiegelt. Ich trat als Offizier in Schillschc Dienste und versprach meinem Chef, der bald wieder aufbrach, ihm noch in der nämlichen Stunde zu folgen, um zunächst sein Führer zu sein bis in die mir wohlbekannte Festung Wittenberg, welche man durch Überrumpelung zu nehmen gedachte und um so mehr zu nehmen wünschte, als auf ihrem Amte bedeutende Geldmittel deponiert waren. Es kann nicht meine Absicht sein, den allbekannten und oft beschriebenen Verlaus des Schillzuges hier noch einmal zu beschreiben. Ich habe mir die Aufgabe gestellt, meine persönlichen Erlebnisse zu erzählen, und nur, wo es der Zusammenhang erfordert, werde ich an einige wesentliche allgemeine Punkte erinnern. Ich fühle mich als Schillscher Offizier sehr glücklich und so recht eigentlich in meinem Elemente. Ein erhebendes Ziel vor Augen und dazu ein keckes entschlossenes Reiterleben, in dem jeder neue Tag ein neues Stück Arbeit brachte, das war es, dessen ich zur frischen, fröhlichen Entwicklung meiner Natur bedurfte. Gleichgesinnte, zu tatkräftiger Vaterlandsliebe entflammte junge Männer, die vor keinem Wagnis zurückschreckten, strömten Schill von allen Seiten und aus allen Ständen als Freiwillige zu. Freude und Begeisterung herrschten unter seiner Fahne. Man hoffte auf Österreichs Sieg, auf den gleichzeitigen Aufstand des Frechern von Dörnberg in Westfalen, auf die unwiderstehliche, ganz Deutschland mit sich fortreißende Macht eines kühnen Beispiels. Das Glück schien uns anfangs nicht abhold. Zwar der Plan, Wittenberg zu nehmen, war zu früh entdeckt und darum unausführbar geworden. Aber kleine kühne Streifzüge nach Dessau, Saalhorn, Halle und Köthen hatten um so besseren Erfolg. Gegen Köthen hatte ich den Vortrab zu führen, da ich Land und Verhältnisse am besten kannte. Tief in der Nacht kam ich mit meinem kleinen Detachement Jäger dort an. Der uns übelgesinnte Herzog hatte sich klüglich entfernt, und die also ihrem Schicksal überlassene kleine Residenz-
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