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1. Aus der Heimat - S. 300

1910 - Nürnberg : Korn
— 300 — Der Wirt fuhr nun öfter in die Stadt. Den ganzen Winter danerten die Wahlen. Wie er nun einmal in München übernachtete und im Bette lag, da konnte er lange nicht einschlafen. Denn auch ihn wollten sie zum Abgeordneten wählen. Heute war daheim die Wahl gewesen und er dachte immer daran, ob er wohl gewühlt sei. Spät in der Nacht schlief er erst ein. Am Morgen um vier Uhr trommelte es an der Türe. Der Hausknecht weckte ihn. „Herr Grandauer! Herr Grandauer!" ries er draußen. Herr Grandauer fuhr aus dem Bett und in die Kleider. „Was gibt's?" fragte er. — „Sogleich heim! Ein Eilbote ist da!" — Er lief und öffnete die Türe. Da stand der Eilbote. „Gratuliere Herr Grandauer!" sagte der Eilbote, „Sie sind gewählt. Sie sind Abgeordneter für unsere Gegend. Ja, es ist das eine große Ehre für unfern Ort. Drum sollen Sie gleich heimkommen mit blasender Post. Die ganze Gemeinde erwartet Sie." Er stieg in den Postwagen; zwei Postillone saßen auf dem Bock und bliesen auf der ganzen Heimfahrt. Noch war er eine Stunde entfernt von der Heimat. Wer wartet da vorne beim Wald? Es sind Reiter.. Sechs Bauernburschen zu Pferd waren es. Die ritten als Vorreiter dem Postwagen voran. So suhr er ins Städtchen. Beim Rathaus stand die ganze Gemeinde im Festtagsstaat und wartete auf ihn mit den Musikanten. Der Bürgermeister schüttelte ihm die Hand und gra-titulierte ihm. Da standen auch die Schulkinder, und Mädchen in weißen Kleidern überreichten ihm einen Strauß. Und der Pfarrer hielt eine lange Rede. „Werdet rechtschaffen," sagte er zu den Knaben, „erwerbt euch Kenntnisse! Ihr seht, welche Ehren auf euch warten!" Eines Tages bekam Grandauer ein Schreiben von der Regierung. Darin stand, er habe sich am 23. Januar sicher in München einzufinden und sich sogleich im Stäudehause selber - zu melden. Da packte er den Reisekoffer und nahm Abschied von Frau und Kindern. „Sorge nun du für das Geschäft," sagte er zu seiner Frau an der Türe; „ich bleibe vielleicht lange fort; die Sitzungen können viele Monate dauern." Und wie er in München aus dem Postwagen stieg, da dachte er daran, daß er eine Wohnung haben müsse. Er las im Wirtshause die Zeitung. Endlich, da auf der letzten Seite stand: „Für einen Herrn Abgeordneten ist ein geräumiges, schön eingerichtetes Zimmer mit Alkoven in der Sendlingergasse 956 im 2. Stock zu vermieten." Er suchte die Wohnung, mietete sie und fing gleich an, feinen Koffer auszupacken. Abends ging er auf die Straße. Es war ein ungemütliches Wetter, es regnete, die Laternen brannten trüb.. Und doch waren eine Menge Leute auf der Straße. Aus
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