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1. Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart - S. 107

1910 - Paderborn : Schöningh
Die Französische Revolution. 107 Gewaltige Erschütterungen und furchtbares Elend hatten die Revolutionsjahre über Frankreich gebracht. Die Schwäche und Unentschlossenheit des Königs, die Selbstsucht der bevorrechteten Stände und die Schwäche des Mittelstandes hatten alle politische Macht für-längere Zeit in die Hände des Pöbels gebracht, der sie in wüster Zügellosigkeit mißbrauchte, das Königtum vernichtete und über deu Leichen von vielen Tausenden, Unschuldigen und Schuldigen, eine Republik begründete, die aber bald in einem despotischen Kaisertum enden sollte. Napoleon I. wurde der Erbe der Revolution. Wenn aber auch Napoleon durch den Staatsstreich von 1799 der Revolution und ihren ersten Errungenschaften ein jähes Ende bereitete, wenn er auch die französische Macht seinen Welteroberungsplünen dienstbar machte, so hat die Revolution doch für Frankreich Folgen gehabt, die auch ein Napoleon nicht wegwischen konnte: der Lehnsstaat mit seinen Standesunterschieden war dahin; die Gleichheit aller Staatsmitglieder vor dem Gesetze, gleichmäßige Besteuerung, Handels- und Gewerbefreiheit waren erreicht. Der bürgerliche Mittelstand bildete fortan die Grundlage der Gesellschaft und des Staates. Doch nicht nur für Frankreich sollte die Revolution unverwischbare Folgen haben. Ihr Einfluß aus sämtliche europäische Staaten ist unverkennbar; die durch sie begründete Entwicklung ist heute noch nicht abgeschlossen. In Deutschland, wo mit dem Geiste der Aufklärung auch die ^jdeen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit Eingang gefunden hatten, erregte die beginnende Revolution einen Sturm der Begeisterung (vgl. Goethes „Hermann und Dorothea" Vi. Gesang), der jedoch bei den revolutionären Greueln dem Abscheu wich. Die durch die Revolution entzündeten Kriege (s. u.) gestalteten die Staatsverhältnisse Deutschlands um: die lebensfähigen größeren Territorien wurden neu gekräftigt und sogen die kleineren Länder in sich auf. Der führende Stand wurde allmählich auch in Deutschland das Bürgertum, und der Gedanke der politischen Gleichstellung aller Staatsangehörigen wurde in der Revolution geboren. In dieser folgenschweren Bewegung wurden die großen Fragen gestellt, die die Entwicklung des 19. Jahrhunderts beherrschen: das Streben der Bürger nach der Anteilnahme an der Regierung, die Ablösung der absolutistischen durch die konstitutionelle Monarchie, die Beseitigung aller Feudallasten, die Einführung der Selbstverwaltung, die Befreiung der Arbeit, nicht zuletzt auch das Streben nach nationaler Einheit und politischer Freiheit; sie alle gehen in ihren Anfängen auf die Französische Revolution zurück.
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