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1. Bd. 1 - S. 24

1912 - Leipzig : Dyk
— 24 — 5. Varus und Armin. Varus Quinctilius stammte aus einer Familie, die mehr durch ihre Abstammung als durch Verdienste geadelt war; ein Mann von milder Natur, ruhigem Charakter, körperlich wie geistig etwas unbeweglich, mehr an die Muße des Lagerlebens, als an den Felddienst gewöhnt. Wie wenig er Verächter des Geldes war, bezeugte Syrien, das er verwaltet hatte; arm war er in das reiche Land gekommen, reich verließ er ein armes Land. Als er das Heer, welches in Germanien stand, befehligte, kam er zu der Anschauung, die Menschen hätten außer der Sprache und den Gliedmaßen nichts von einem Menschen. Aber, meinte er, wer sich mit dem Schwerte nicht überwältigen lasse, dem könne man mit dem römischen Rechtsgebrauche beikommen. Mit solchen Vorsätzen kam er in die Mitte von Germanien und verbrachte die Sommerzeit mit Rechtsprechen und ordnungsmäßigen Verhandlungen vor seinem Richterstuhle, als wäre er unter Menschen, die sich der Süßigkeit des Friedens erfreuten. Doch jene, — was, wer es nicht selbst erfahren hat, kaum glauben wird — bei der höchsten Wildheit durch und durch verschlagene Köpfe und ein Geschlecht wie geschaffen zum Lügen, spiegelten ihm ganze Reihen von ersonnenen Rechtshändeln vor; bald belangte einer den andern ohne Grund, bald sagten sie ihm Dank, daß er alles mit römischer Gerechtigkeit entschiede, daß ihre Wildheit jetzt durch die neue, unbekannte Zucht und Ordnung schon nachzulassen ansinge und daß, was sonst mit den Waffen ausgemacht zu werden Pflegte, nunmehr nach Recht und Billigkeit auseinandergesetzt würde. So verführten sie Quinctilius zu der höchsten Sorglosigkeit; so sehr, daß er glaubte, als Stadtprätor auf dem Forum Roms Recht zu sprechen, nicht mitten in deutschen Landen ein Heer zu befehligen. Ein Jüngling von edlem Geschlechte, tapferer Hand, schnellem Sinne, gewandt im Geist, mehr als sonst Barbaren es sind, namens Armin, Sohn des Sigimer, eines Fürsten des Cheruskerstammes, aus dessen Antlitz und Augen geistiges Feuer leuchtete, der unser steter Begleiter auf den früheren Feldzügen gewesen war und neben dem römischen Bürgerrechte den Rang eines römischen Ritters inne hatte, benutzte des Feldherrn Schläfrigkeit zu einer Freveltat. Zuerst weihte er wenige, bald mehrere als Genossen in seine Pläne ein; daß es möglich sei, die Römer zu überwältigen, behauptet er mit Zuversicht und überzeugt davon auch seine Gefährten. Unmittelbar an den Beschluß knüpft er die Tat; er bestimmt eine Zeit zum Überfalle.
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