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1. Geschichte des Mittelalters - S. 130

1904 - Langensalza : Schulbuchh.
130 ganz Frankreich festnehmen und in den Kerker werfen. Er gab ihnen strafwürdige Verbrechen schuld, an die sie gewiß nie gedacht hatten, und ließ alle, welche die Beschuldigung ableugneten, auf die Folter bringen. Viele erlagen den schrecklichen Martern und gestanden alles ein, was man verlangte; wenn sie aber nachher die erzwungenen Aussagen wieder zurücknahmen, so wurden sie gleich zum Scheiterhaufen abgeführt. Ein damals lebender Schriftsteller schildert eine solche Greuelscene: „Vierundfünfzig Tempelherren wurden vor dem Tore St. Antoine außerhalb Paris in einen großen Park abgeführt. Alle waren in der Blüte des Lebens. Nachdem man ihnen die Ordenstracht abgerissen, band man jeden einzeln an einen Pfosten; man rückte Feuer an ihre Füße immer näher und näher und versprach ihnen dabei Freilassung, wenn sie die ihnen schuldgegebenen Verbrechen eingeständen. Mitten unter diesen Qualen drangen Verwandte und Freunde in sie, sich doch von so gräßlichem Tode zu retten. Alle blieben aber unerschüttert und beteuerten mit Tränen und durchbebendem Geschrei ihre Unschuld und ihr nnentweihtes Christentum. Sie riefen Christus, die heilige Jungfrau und alle Heiligen an und starben so, zu Asche verbrannt, unter unsäglichen Martern." Aus den erzwungenen Aussagen derer, die den Schmerzen der Folter unterlagen, wurde nun eine Anklage geschmiedet und der ganze Orden für aufgehoben erklärt. Daß sich der König durch die eingezogenen Guter bereicherte, versteht sich von selbst; denn dazu war ja der ganze Prozeß eingeleitet worden. Fünfzehntausend Ritter Wurden so entweder bettelarm oder schmachteten in Gefängnissen; viele starben ans dem Scheiterhaufen. Das letztere Schicksal traf auch den Großmeister des Ordens, Jakob Molai, einen alten, ehrwürdigen Mann, der sich durch Heldentaten gegen die Türken ausgezeichnet hatte. In dein Augenblicke, als er (1313) auf dem Scheiterhaufen stand*) und die Flammen emporloderten, rief er mit lauter *) Auf einer kleinen Insel der Seine, ungefähr da, wo Heinrichs Iv. Bildsäule steht. Als Molai Dom Erzbischof von Alfai, dem Oberketzerrichter, aufgefordert wurde, sein letztes Geständnis zu wiederholen, trat er vor, bat laut um Gehör und sprach, als Richter und Volk in erwartungsvoller Stille auf ihn blickten, mit fester Stimme: „Auf der Schwelle des Todes, wo auch die leiseste
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