Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Freiburger Lesebuch - S. 62

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
— 62 — sonst eine brave Klasse. Diese Nachricht aber wirkte ans uns, wie wenn ein Funke in ein Pulverfaß fällt, und in der folgenden Horazstunde hatte der Professor schwere Not, uns zu bändigen, denn unsere Gedanken waren jetzt ganz wo anders, als bei den alten Römern. Kaum war die Stunde ans, als wir an die Kaserne stürmten, um zu sehen, ob das Gerücht wahr sei. Hier ging es schon zu wie in einem Ameisenhaufen: Offiziere schritten eilig ab und zu, Soldaten liefen geschäftig aus und ein und als wir einen frugen, ob es wahr sei, daß cs Krieg gebe, antwortete er freudig und stolz: „Ja, wir wollen die Franzosen verhauen." Jetzt wußten wir's. Auch erfuhren wir, daß das Regiment Befehl hatte, noch in der Nacht vom 15. zum 16. Juli in mehreren Sonder-zügeu nach Rastatt zu fahreu. Demi in dortiger Gegend und bei Karlsruhe sollten die badischen Regimenter versammelt werden. Halb Freiburg war auf dem Bahnhof, um seinen „Fünfern" das Geleit zu geben. In die allgemeine Begeisterung und iu die stolze Freude der Soldaten, für ihr Vaterland kämpfen zu dürfen, mischte sich auch manche Abschiedsträne. Mit dein Trostworte des alten Soldatenliedes „Fredericus Rex" wurde sie getrocknet: „Eine jede Kugel die trifft ja nicht; Denn träfe jede Kugel apart ihren Mann, Wo kriegten die Könige ihre Soldaten dann! Die Mnsketenkngel macht ein kleines Loch, Die Kanonenkugel ein weit größeres noch! Die Kugeln find alle von Eisen und Blei Und manche Kugel geht manchem vorbei." Jetzt war das Regiment fort und Freiburg vou Truppeu entblößt. Es wurde deshalb beschlossen, eine Bürgerwehr zu gründen. Auch die Schüler der oberen Klassen durften sich dazu melden, was wir uns nicht zweimal sagen ließen. Im Kaufhaus befand sich die Hauptwache; bewaffnet wurden wir mit einem Totschläger und trugen als Abzeichen eine weiße Binde am linken Oberarm. So mußten wir die Umgebung von Freiburg bei Nacht abpatrouillieren. Unsere Bürgerwehr war nicht zur Abwehr französischen Militärs bestimmt, denn gegen Säbel, Gewehr und Kanonen hätten wir trotz unseres Löwenmutes mit den Totschlägern wohl kaum etwas ausgerichtet; vielmehr sollte sie nur ein Schutz sein gegen etwaige Unternehmungen ungeregelter Banden, die vielleicht die verlockende Gelegenheit benützen wollten zum Einfall in das zur Zeit vou Truppeu völlig entblößte badische Oberland. Übrigens haben wir auf unfern Patrouillengängen nie einen Franzosen zu sehen bekommen, und es fanden auch keine feindlichen Einfälle statt. Schon nach kurzer Zeit rückte wieder Militär, wenn auch nur vorübergehend, in Freiburg ein. Es war dies eine Abteilung Württembergs, bestehend aus einem Regiment Infanterie, mehreren Eskadrons Dragonern und einigen Batterien unter dem Kommando des Württembergischen Obersten Senbert
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer