Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Freiburger Lesebuch - S. 63

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
— 63 — Diese Truppenabteilung hatte den Auftrag, am Oberrhein zu „demonstrieren", das heißt die Franzosen glauben zu machen, daß das südliche Baden noch von Truppen besetzt sei. Diese Aufgabe löste die Abteilung glänzend, indem sie bald in Freiburg, bald in Müllheim, bald in Lörrach auftauchte und durch Anzünden von Biwakfeuern allenthalben den Franzosen jenseits des Rheins die Anwesenheit zahlreicher Truppen in hiesiger Gegend vorspiegelte. Jedesmal, wenn die Württembergs wieder nach Freibnrg kamen, erhielten die Schüler frei, um die Truppen sehen zu können. In dieser Zeit tauchte das Lied „Die Wacht am Rhein" auf. Wohl nur wenige hatten es vorher gelaunt; wie über Nacht aber wurde es Gemeingut aller. Jedermann begeisterte sich an den Klängen des herrlichen Liedes. Im September, als wir schon Ferien hatten, verbreitete sich die Nachricht, daß man das Bombardement von Straßburg von der St. Katharinenkapelle auf dem Kaiserstuhl in hellen Nächten sehen könne. Natürlich machten wir Juugens uns auf den Weg dahin und beobachteten mehrfach, wie die feurigen Bomben in hohem Bogen in die belagerte Stadt geschleudert wurden. Auflodernder Feuerschein am Horizont ließ gleich darauf ihre Wirkung erkennen. Nachdem Straßbnrg am 28. September kapituliert hatte, machten wir mit uuserem Klassenlehrer einen Ausflug dahiu. Wir bekamen einen lebendigen Eindruck von den schweren Zeiten, die die Stadt hatte durch-machen müssen; die ganze Steinstraße brannte noch, und ein Bild völliger Verwüstung bot die in Trümmer geschossene Citadelle. Im Spätherbst, als die Schule längst wieder begonnen hatte, kamen wieder einmal Truppeu nach Freiburg. Es waren preußische Laudwehrbatailloue von der äußersten Ostgrenze, die mit zur Belagerung der Festuug Belfort bestimmt waren. Sie trafen mit der Eisenbahn ein und blieben mehrere Tage hier im Quartier. Stramme, bärtige Gestalten, die mit ihrem littanischen, ostpreußischen und poluischeu Dialekt vou den Freiburgern schwer verstanden wurden, was aber aus Gegenseitigkeit beruhte. Dies tat einem guten Einvernehme» jedoch keinerlei Eintrag. Unsern Markgräfler Wein ließen sie sich besonders gut schmecken. Dann kamen eines schönen Wintertags lange Munitionskolonnen hier durchmarschiert mit Geschossen fast so groß wie Znckerhüte. Sie waren ebenfalls für die Belagerung von Belfort bestimmt. Zwischendurch kamen ganze Eisenbahntransporte von Verwundeten an. Sie wurden in der Festhalle untergebracht, wo ein Lazarett errichtet war. In langen Reihen lagen sie in diesem Raunt, der heute dem Gesang und Frohsinn dient. Unvergeßlich sind mir die Momente geblieben, wo Siegesdepeschen vom Kriegsschauplatz hier ankamen. Sie wurden am Bahnhof ausgehängt, eine große, freudig erregte Menschenmenge drängte sich dort. So entsinne ich mich noch, welch ungeheure Begeisterung herrschte, als die Nachricht vom Sieg bei Sedan und der Gefangennnahme Napoleons eintraf. Die
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer