Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Freiburger Lesebuch - S. 65

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
— 65 — Gesanges, weil sich für ihn mit den Tönen ein Bild des Sängers verbindet. Auch wird nur er cs gleich herausfinden, wenn in das allgemeine Waldkonzert die Laute eines besonders ausgezeichneten Künstlers von ferne hereintönen, er wird dem nachgehen und nun vollen Genuß haben. Viele Tiere wird überhaupt nur der zu Gesicht bekommen, der ihre Stimmen kennt. Das konnte ich auf einer Reise nach Ceylon besonders gut beobachten. Auf dieser herrlichen tropischen Insel sind die Papageien so häufig wie bei uns die Meisen. Und doch hatte keiner der Passagiere, die mit mir auf dem Schiff waren, bei einem vier- bis sechswöchigen Aufenthalt auf Ceylon Papageien gesehen. Sie merkten eben nicht auf, wenn ein Papagei seine scharse Stimme erschallen ließ und suchten nicht nach den grünen Vögeln, die sich im ebenfalls grünen Laub nicht ohne weiteres verraten. Wer also in der Natur wahre Freude finden will, der muß sich in sie vertiefen. Und ich weiß keine Beschäftigung, die so gesund ist, so reich macht, Herz und Verstand so bildet, wie die mit der Natur. Wer erst einmal damit angefangen hat, wird nicht mehr aufhören. Ich glaube nicht, daß es jemand geben kann, den die Geheimnisse der Natur nicht fesseln. Freilich, aller Anfang ist schwer! Bis jemand z. B. die ersten zwanzig Vogelstimmen kennt, hat er manche Mühe. Da muß er sich zunächst in Museen einige Formkenntnis von den ausgestopften Vögeln erwerben oder, wenn das nicht möglich ist, aus Büchern immer wieder die Vögel an seinem Auge vorüberziehen lassen. Und wenn er dann im Park oder im Walde eine Stimme hört, dann muß er oft sehr langsam sich heranschleichen und kann manchmal lange warten, bis er den Sänger deutlich mit seinem Feldstecher, der den Vogelfreund stets auf seinen Spaziergängen begleiten soll, wahrnimmt. Gelingt das endlich, so muß er sich das Gesehene einprägen und zu Hause in seinem Vogelbuch nachschauen, welcher Vogel es sein könnte. Und findet er ein Bild, das auf das Tier paffen könnte, und steht dann im Text auch der Gesang ähnlich verzeichnet, wie er ihn gehört hat, dann kennt er den Vogel; doch oft gelingt das erst nach mehreren Malen. Ebenso ist es bei anderen Tieren und bei den Pflanzen. Aber hat man erst gewisse Kenntnisse, welche Freude machen sie dann! Jede Pflanze, jedes Tier, das man erkennt, ist einem wie ein alter Freund, der viel zu erzählen hat. Und jedes Zulernen von neuen Gestalten ist ein Genuß. Zu Hanse einige gute Bestimmungsbücher, auf den Spaziergängen ein Fernglas, ein Schmetterlings- und Wassernetz, einige Gläser, das ist die Ausrüstung des Naturfreundes. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß jeder Naturfreund auch Sammler sein soll. Im Gegenteil! Beobachten ist besser als fangen. Der Spaziergang soll Verstand und Herz, nicht die wasche bereichern. Wir müssen nicht alles gleich haben wollen! Wir mögen Tiere fangen, um sie genauer zu betrachten, wollen ihnen aber dann wieder die Freiheit geben. Wie wir im Museum au 5
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer