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1. Freiburger Lesebuch - S. 80

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
— 80 — 34» Der Miintterplatr. Er ist nicht viereckig, und er ist nicht rund, wie die Plätze, die man in modernen Städten anlegt; sondern er ist ganz unregelmäßig eingerahmt, unser lieber alter Münsterplatz, und das Münster steht schräg über feine Mittellinie hinüber, nicht so genau von allen Seiten gleich weit entfernt, wie man heute gewöhnlich die Kirchen auf die Platze stellt. Das ist's aber gerade, was den Münsterplatz so malerisch macht und so gemütlich. Wo du auch stehen magst, du kannst ihn nicht ganz überschauen und kannst dir auch nicht, wie bei einem regelmäßigen Platz, die unsichtbaren Grenzen im Denken zurechtlegen; denn wie die gebrochenen und gebogenen Linien der Häuserreihen ringsum sich schließlich hinter dem Münster zusammenfügen, das kannst du ihnen von vorne her nicht ansehen. So bleibt dem Auge immer ein ferner Winkel, wo der Platz sich in uugekannter Gestalt verliert, und das eben macht es, daß er so freundlich und so wechfelvoll erscheint. Und wcchselvoll wie seine Gestalt ist auch das Leben auf dem Münster-platz- In aller Frühe schon regt sichs auf ihm. Da kommen die Marktleute, stellen die Bänke auf und breiten ihre Waren aus. Ja für den Samstagsmarkt kommen die ersten Fuhrleute schon in der Freitagsnacht, und von morgens 2 Uhr an steht man die Marktfrauen ihre Plätze einnehmen. Wenn es Winter ist und naß und kalt dazu, so kann man nur mit Mitleid hinabschauen auf diese mantelmnhüüten Menschen da draußen. Sic stellen den Freiburgern ihre Lebensmittel bereit in der nächtlichen Kälte, indessen diese in warnten Betten und warmen Stuben der Ruhe pflegen. Um 1/26 Uhr ist der Markt schon sehr belebt, und um 8 Uhr morgens kann man nur noch mit ganz kleinen Schritten über den Platz gehen, so voll ist er von Menschen und Bänken und Korben und Tischen und Handkarren und Buden. Das ist ein prächtiges Bild, dieser Samstagsmarkt: schwarz wimmeln die Leute durcheinander, grellweiße Kopftücher, feuerrote Blusen leuchten aus dem schwarzen Grunde; frühlingsgrüne Ge-müfe und ein Heer buntstrahlender Blumen und Sträucher beleben das Bild. Das summt und schwirrt von tausend Stimmen und dazwischen ertönt von Zeit zu Zeit der klagende Schrei eines wiehernden Esels oder der laute Ruf eines krähenden Hahnes. Um 12 Uhr ist's merklich leerer geworden, um 1 Uhr sind schon viele Plätze und Bänke leer, und wenn es o Uhr schlägt, so haben die Männer der Stadtverwaltung nicht nur alle Bänke weggeräumt, sondern den ganzen Platz schon gereinigt, und kein Mensch sieht dem stillen Kirchenplatz an, daß vor 3 Stunden noch ein solches Gewimmel auf ihm fein Wesen getrieben. Da und dort fährt noch ein später Marktkarren mit Körben, von einem starken Gaul gezogen, davon; die meisten sind schon draußen auf der Landstraße, und unter der Blache des Wagens sitzen Bauer und Bäuerin und überzählen das gelöste
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