Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Freiburger Lesebuch - S. 113

1912 - Freiburg im Breisgau : Troemer
— 113 — endlich zufällig zu dem Fährmann, der Ottilie übergesetzt hatte. Dieser beschrieb ihm die Flüchtige und den Weg, den sie genommen, genau, sodaß ihm kein Zweifel war, daß er auf der richtigen Fährte sei. Er ließ sich mit seinem Gefolge ebenfalls übersetzen und jagte hinter der Tochter her. Diese war inzwischen der Drei)am entlang aufwärts gewandert und bog da, wo jetzt die Kartause steht, in den Wald ein. Längs des Waldbachs am Südabhang des Roßkopfes klomm sie bergauf durchs Gesträuch. Ermattet von dem ungewohnten weiten Weg ließ sie sich an einer Quelle nieder, um sich ein wenig zu erholen und flehte zu Gott, ihre Kräfte nicht ganz schwinden zu lassen und ihr einen sicheren Zufluchtsort zu zeigeu. Aber kaum hatte sie ein wenig geruht, da hörte sie das Wiehern und das Getrappel von Pferden. Ein Trupp Reiter kam den Wald herauf und mit Schrecken erkannte sie die Abzeichen der Mannen ihres Vaters. Eilends sprang sie auf und eilte dem Dickicht der Höhe zu. Aber bald versagten ihr die Kräfte, und sie war nahe daran, erschöpft zusammenzusinken. Zitternd breitete sie ihre Arme nach dem Himmel und flehte um Rettung aus dieser Not. lind siehe! Schon drangen die Reiter auf sie ein, da öffnete sich der Fels vor ihr, sie flüchtete hinein, und der Fels ging wieder hinter ihr zusammen. Als der Herzog sah, daß der Himmel selbst Ottilien so wunderbar vor ihm in Schutz nahm, ging er reuevoll in sich und schwor, er wolle das Gelübde seines Kindes ehren und eine Kapelle bauen. Kaum hatte er dies in seinem Innern beschlossen, da öffnete sich der Fels wieder und Ottilie trat heraus, strahlend von überirdischem Glanze. Der Fels blieb von dieser Stunde an offen, und in der Höhle, welche Ottilie geborgen hatte, fließt bis zum heutigen Tag der heilkräftige, kristallklare Quell. Ottilie kehrte mit ihrem Vater nach Hohenburg zurück. Er ließ ihr dort ein Kloster einrichten, in dein sie ihr Leben unter gottseligen Übungen verbrachte. Die Kapelle, die Herzog Attich damals beim Mußbach unterhalb des Roßkopfs bauen ließ, steht heute nicht mehr. An ihrer Stelle erhebt sich jetzt eine gotische Kapelle. Der Bau derselben fällt in die Regierungs-zeit des Kaisers Maximilian I., der ein besonderer Gönner der Stadt Freibnrg war. Damals blühten Kunst und Wissenschaft in Freiburg und der Chorbau des Münsters ging um jene Zeit feiner Vollendung entgegen. Heute noch wie zu alten Zeiten trifft man in St. Ottilien stets Andächtige, die in frommem Gebet hier weilen. Getröstet und erleichtert verlassen sie das waldumkränzte Kirchlein mit seiner Felsengrotte und der klaren Quelle. es 8
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer