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1. Der Große Kurfürst - Friedrich der Große - S. 89

1897 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
89 waren sie überall zu spüren, was um so weniger zu verwundern ist, da unter dem Großen Kurfürsten der Staat nicht zum dauernden Frieden kommen sollte, außerdem den Volksschulen in Städten und Dörfern nur geringe Sorgfalt geschenkt wurde. Mit Notwendigkeit hatte der Krieg zu einer großen Einfachheit der Lebensweise geführt. Nur was der eigene Boden erzeugte, diente zur Nahrung. „Grützesser" wurden die Brandenburger von den einwandernden Franzosen genannt. Auch die kurfürstliche Tafel war bescheiden; außer den fremden Gewürzen, welche Holland lieferte, kam nur das in die kurfürstliche Küche, was auf deu Domänen oder auf der Jagd gewonnen wurde. Es enthielten die Wälder Wildbret aller Art, Flüsse und Seeen einen heute unbekannten Reichtum an Fischen. Ganze Dorsschaften waren in dem Kriege untergegangen und ihr Ackerland zu undurchdringlichem Busch und 511 einer Wohnung der Wölfe geworden. Krieg und Pest hatten so viele Menschen hingerafft, daß es lange Zeit an Arbeitskräften fehlte, ehe die Bewirtschaftung des Bodens auf den Umfang vor dem Kriege gebracht werden konnte. Was an Getreide gebraucht wurde, erzeugte das Land, nur blieb weniger für die Ausfuhr übrig als vordem. Die Viehzucht hob sich bald zusehends. Noch braute man an vielen Orten ein kräftiges und schmackhaftes Bier. Der Weinbau war gegen früher zurückgegangen. Schon begann der Genuß des Branntweins und des Tabaks allgemeiner zu werden. Die Franzosen brachten neue Gemüse, Blumenkohl, Spargel und damit eine größere Mannigfaltigkeit der Speisen; sie lehrten grüne Bohnen und grüne Erbsen essen. Die Blumengarten gewannen an Reichtum der Arten und an Farbenpracht. Die Einrichtung der Wohnungen erschien auch bei den Vornehmen einfach. Die Wände der Zimmer waren mit Tapeten von gepreßtem und vergoldetem Leder behängen; derselbe Stoss bedeckte Stühle und Sessel. Familienbilder waren nicht selten. In den Häusern der Personen von Stande gab es Kabi-nettcheu, deren Wände mit holländischen, bunt gemalten Fliesen ausgelegt waren. Aus kleinen Konsolen standen dann wohl Figürcheu aus Bernstein oder Tändeleien und Kleinigkeiten aus Delfter Porzellan. Um politische Dinge kümmerte sich der Bürger wenig, der Bauer gar nicht. Nur, daß über die schwere Steuer und Einquartierung gemurrt wurde und in den Bierstuben manches harte Scheltwort fiel wider den König von Frankreich oder den Schweden. Die Türken haßte man als die Erbfeinde der Christenheit. Die Teilnahme für theologische Zänkereien war noch immer bedeutend und die Abneigung zwischen Lutheranern und Calvinisten noch nicht erloschen. Zeitungen kamen wenig unter die Leute; Berichte aber über Hinrichtungen, Wunder- und Mordgeschichten fanden stets ihre Liebhaber und dickleibige Romane mit ihren lang gekommenen Erzählungen ihre geduldigen Leser. Kein Zustand ist geeigneter, jeden Spuk des Aberglaubens lebendig zu erhalten und Neues an Wunderbarem und Unbegreiflichem zu ersinnen, als
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