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1. Der Große Kurfürst - Friedrich der Große - S. 254

1897 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
254 füllte sich aber an der Leite des Generals nicht wenig beklemmt und wagte nicht, die Füße in den Wagen zu ziehen. Eine Weile sah der Dessaner hermache zu, dann aber schnauzte er den Gefährten an: „Saukerl, streck die Poten herein, wie sich's ziemt; denkst du, daß die meinigen von Marzipan sinb?" In gleicher Weise gab sich seine Religiosität zu erkennen. Er gehörte zur reformierten Kirche. Was aber im einzelnen zu glauben sei, ließ er bahingestellt und sniib sich ohne genaue Rechnung lieber im ganzen ab, inbem er eines allgemeinen guten Vernehmens mit seinem Erlöser nicht zu ermangeln meinte.. Bezeichnend ist sein Gebet vor dem Tode seiner Tochter, wobei er laut schluch-zenb auf die Kniee sank und mit tiefer Inbrunst zu Gott betete: „Lieber Hei-lanb, du weißt, daß ich nicht ein solcher Lump bin, der dir bei jeder Hundsfötterei beschwerlich wird; ich komme nicht oft, will auch sobald nicht wiederkommen; aber so hilf mir doch heute und laß meine liebe Tochter noch einmal gesund werden!" Oder vor der Schlacht bei Kesselsdorf, woselbst er vor seinem Regiment laut gen Himmel betete: „Lieber Herrgott, steh mir heute gnädig bei, oder willst du mir diesmal nicht gnädig sein, so hils wenigstens dem schürfen von Feind nicht, sondern sieh, wie's kommt!" Tann rief er mit gezogenem egen: „In Gottes Namen Marsch!" und stürzte sich auf den Feind. Unter Friedrich Wilhelm I. war im preußischen Heere der Besuch der Kirche und die Haltung von Gebeten ein Teil der Dienstordnung, und Leopold duldete in diesem Dienste keine Lässigkeit. Als unter Friedrich dem Großen diese Richtung im Heere dennoch merklich nachließ, war er damit unzufrieden und sagte: „Ein Soldat ohne Gottesfurcht ist ein Sch . . . kerl!" Sein besonderes Wohlgefallen fand er an dem Liede Luthers: „Ein' feste Burg ist unser Gott" und nannte es nur „unsers Herrgotts Dragonermarsch". Die Kirche besuchte er oft und fand an den Predigten nach seiner Weise zu loben und zu tadeln. Auch baute er mehrere Kirchen und ließ in den letzten Jahren seines Lebens regelmäßig in seinem Schlosse zu Dessau mit seiner Familie Gottesdienst halten. Daß er kein Freund der Wissenschaften und Künste gewesen, ist aus dem Ge-sagten genugsam zu erachten; daß er sie gehaßt, wäre zu viel gesagt: er nahm gar nicht so viel Kunbe von ihnen. Rur die Tonkunst saub insofern etwas ©nabe bei ihm, als sie unverkennbar ein Reiz- und Prachtmittel zu Jagb und Krieg bilbet. Einer einzigen Melobie war er mächtig geworben, nämlich der des nach ihm benannten Dessaner Marsches; nach ihr sang er in der Kirche all und jebe geistliche Lieber, zum Staunen und Wuitber der Anwesenden. Einst hört er dem Spiele seiner Regimentsmusik mit vielem Vergnügen zu; plötzlich sieht er, daß zwei Walbhornisten aufhören zu blasen; mit funkelnden Augen tritt er vor sie hin: „Kanaillen, warum blast ihr nicht?" fragte er heftig. „Ew. Durchlaucht," antwortete der Beherztere, „wir pausieren jetzt." Diese Frechheit ist ihm zu arg: „Warte, Kerl," ruft er, „ich will bich im Dienste pausieren lehren." Und Stockschläge treiben beit vermeintlichen Saumseligen eiligst wieber zur Arbeit an.
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