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1. Slg. 1 - S. 13

1879 - Dresden : Meinhold
13 Seit die Franken zum Christenthum übergegangen waren, hatten sie und die Päpste ein enges Zusammenhalten im gemeinsamen Interesse gefunden. Die Pipiniden vor allen hatten in ihrem Wirken für Ausbreitung der katholischen Kirche zugleich das wirksamste Mittel zur Sicherung und Befestigung ihrer eignen Macht erkannt, und ebenso hatten sie oftmals Gelegenheit gehabt, den Päpsten in ihrer von römischen Parteien und nachbarlichen Feinden fortwährend bedrängten Stellung schützend zur Seite zu stehen. Auch Karl nannte sich, wie er die Würde eines römischen Patricius bekleidete, Schirmvogt der Römer. Das Verhältniß, in dem er zu dem damaligen Papstthum stand, erhielt aber seinen sichtbarsten Ausdruck, als im Jahre 799 Papst Leo, welchen römische Parteigegner überfallen, aufs ärgste gemißhandelt und gefangen gehalten hatten, diesen glücklich entkommen, selbst in die fernsten Theile des Frankenreichs, bis in das sächsische Paderborn reiste, um das persönliche Herüberkommen des Frankenherrschers nach Rom zu erwirken. Hierhin begab sich denn Karl im folgenden Jahre mit Heereskraft. Der Papst, dem schon aus der Ferne das Ansehen des Kaisers den nöthigen Schutz geschafft hatte, kam ihm bis Nomentum im Sabinifchen entgegen und mögen sie hier die nöthigen Schritte verabredet haben. Dann eilte der Papst ihm nach Rom voraus, um ihn dort bei seinem Einzuge iu der ewigen Stadt aufs Festlichste zu empfangen (6. Deebr.). Karl erschien als Richter und Schirmherr. In einer großen Versammlung in der St. Peterskirche forderte Karl die Anwesenden aus, vorzubringen, was sie gegen den Papst zu klagen hätten. Da sich nun Niemand sand, der die Wahrheit der gegen Leo erhobenen Beschuldigungen erhärten wollte, betrat der Papst vor allem Volke, das Evangelium in der Hand, die Kanzel, und reinigte sich durch einen Eid, unter Anrufung der heiligen Dreieinigkeit, von den ihm vorgeworfenen Missethaten. Am ersten Weihnachtstage wurde in der prachtvollen Peterskirche dem Herkommen gemäß unter Begleitung herrlicher Musik ein feierlicher Gottesdienst gehalten. Römer und Franken in bunter Mischung drängten sich in die Kirche, um der Feier beizuwohnen, die glänzende Versammlung zu sehen und des römischen Papstes Segen auch sich anzueignen. Da trat auch Karl der Große in die Kirche, angethan mit einem langen Purpurkleide, wie es die vornehmen Römer trugen, schritt zum Hochaltar und kniete seiner gewöhnlichen frommen Sitte gemäß an der untersten Stufe nieder. Als er nach beendigtem Gebete wieder aufstehen wollte, uahete sich ihm der Papst und setzte ihm eine prächtige Krone auf. Das Chor der Sänger stimmte einen Krönungsgesang an und alles Volk rief laut: „Dem erhabenen Karl, dem von Gott gekrönten großen und friedebringenden Kaiser des römischen Reichs Leben und Sieg!" So ging die römische Kaiserwürde auf die deutsche Nation über, bei der sie über ein Jahrtausend verbleiben sollte. Die Naturbestiinmungen Europa's haben verhindert, daß sie in ihrer vollen Bedeutung in Geltung kam. Das Reich Karl's des Großen ist nicht lange nach seinem Heimgänge in seine zur Selbstständigkeit berufenen Bestandtheile zerfallen. Aber sein Wirken und Streben ist doch nicht fruchtlos gewesen. Deutschland ist durch ihn sür immer der christlichen Gesittung gewonnen und mit der römischen Kaiserwürde ist die Idee des Staates als eines auf sittliche Bestimmungen gegründeten Verhältnisses in die germanische Welt getragen worden, um niemals wieder gänzlich aus ihr zu verschwinden. Der Gegenwart war es unter göttlicher Leitung vorbehalten, der bedeutsamen Würde eines deutschen Kaisers einen erhöhten, unwillkürlich an den großen Karl erinnernden Glanz zu verleihen.
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