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1. Slg. 1 - S. 58

1879 - Dresden : Meinhold
58 Freunde des Schönen hinreißen und sich eine bleibende Stätte unter den Meisterwerken der deutschen Dichtkunst verdienen soll. Vor dem Dichter sitzen die Herzogin - Mutter Amalie, sie, die zuerst den Grund legte zu der Einbürgerung edler Kunstpflege in Weimar, zur Bildung des Musenhofes, und die regierende Herzogin, die Gemahlin Karl Augusts. In ruhiger Betrachtung giebt sich die fürstliche Matrone dem Genusse der Dichtung hin, während die jüngere Fürstin, durch die Worte des Dichters tiefer ergriffen, zu sinnender Schwermuth gestimmt scheint. Zur Seite der Herzogin Amalie sitzt der Aelteste der Versammelten, Wieland, der Jugendlehrer der Weimarischen Prinzen und der Freund der fürstlichen Mutter, der wohl ihrem Verständniß am nächsten stand und der in der That, wenn auch in seinen Schriften zuweilen bis zum Laseiveu schalkhaft, in seinem Leben tadellos war, bei seinem gutmüthigen, versöhnlichen, die Größe Anderer neidlos anerkennenden Wesen bis in das höchste Alter die liebenswürdigste Erscheinung blieb, und zwar an eigentlicher Tiefe des Geistes und in dem Schwünge des dichterisches Fluges einem Goethe und Schiller und Herder nachstand, aber unstreitig schönes Talent und vielseitige Bildung in an-muthiger, zum Theil in vollendeter Weise dargelegt hat. Goethe verfolgt mit ernster Aufmerksamkeit und fest auf den Sprecher gerichteten Blicken den Vortrag des Dichters, während sein fürstlicher Freund in seinem Antlitz den Eindruck leseu zu wollen scheint, den das Kunstwerk auf so berufenen Richter macht. Hinter den fürstlichen Personen halten sich zwei weibliche Gestalten, ein schönes, geistreiches Schwesternpaar, deren eine, die sich sinnend zurückhält und den Kopf zu der Schwester neigt, Charlotte v. Lengefeld, feit 1790 die Gattin des Dichters ist, die sich Vorbeugende ihre ältere Schwester Karoline, auch als Schriftstellerin wohlbekannt, die nach einer ersten unglücklichen Ehe 1796 dem Freiherrn v. Wolzogen ihre Hand reichte. Die hinter ihnen lauschenden Männer mögen der geistvolle Sonderling und liebenswürdige Zerstreute v. Einsiedel und der vieljährige Freund des Herzogs, der begabte und feinfühlende v. Knebel sein. Hinter dem lesenden Dichter sitzt in halb geistlicher Tracht auf einem Rasenhügel Herder, durch hohen Flug der Gedanken den größten Geistesheroen ebenbürtig, wenn es ihm auch nicht gegeben war, dichterische Kunstwerke zu schaffen, die sich gleichen Boden in den weiteren Kreisen des Volkes erobern konnten, wie die ihren. Hinter ihm sitzt Musäns, ein Geistesverwandter Wielands, von dem, wie Vieles in seinen Schriften auch seiner Zeit angehört, und wenn auch die moderne Kritik seine Auffassung des Märchens verwerfen mag, doch noch immer gerühmt werden kann, daß feine harmlos schalkhafte Darstellung und sein deutschgemüthlicher Sinn ihn als Liebling der Alten und Jungen erhalten. Weiter nach hinten stehen neben einer Dame zwei kräftige Jünglingsgestalten. Es sind Gäste Weimars: Frau v. Humboldt und jenes strahlende Brüderpaar, das in anderen Geistesgebieten hohen Ruhm erwerben sollte, und von dem Alexander, nach einem langen, der Erforschung der Natur gewidmeten Leben, 1859 aus unserer Mitte geschieden, während Wilhelm, der geistvolle Staats- und Sprachen-sorscher, schon 1835 zur ewigen Klarheit eingegangen ist. Weiter im Hintergründe halten sich zwei Männer, unter denen der Künstler sich ernste Forscher der Wissenschaft gedacht hat, die von Zeit zu Zeit als Gäste in Weimar einsprachen : Wolf und Fichte. Der Künstler hat die glänzendsten Sterne, die an dem Himmel des weimarischen Musentempels schimmerten, in einem Gesammtbilde zusammenfassen wollen, obschon er wohl wußte, daß sie gerade in dieser Vereinigung sich
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