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1. Slg. 1 - S. 59

1879 - Dresden : Meinhold
59 nie zusammenfinden konnten. Tenn Mnsäns wenigstens war schon geschieden (1787), bevor einer der Humboldt's nach Weimar kam. Wohl enthält dieser schöne Kreis eine Reihe so erlesener Geister, wie sie zu jener Zeit an keinem anderen Punkte sich in solcher Vereinigung treffen konnten, und Weimar ward, auch wenn wir von den Zugvögeln der Sturm- und Drangperiode, die nicht immer willkommene Gäste waren, absehen, auch noch von Anderen besucht, oder zählte sie zu bleibenden Insassen, oder sah sie für eine weitere Wirksamkeit aufwachsen, welche, wenn auch nicht dem Viergestirn eines Goethe, Schiller, Herder und Wieland beigereiht, doch nach Ruf, Talent und Streben nicht unwürdig waren, in diesem Kreise wenigstens einen zweiten und dritten Rang zu behaupten : der liebenswürdige Thümmel z. B., der oft von Gotha herüberkam, Jean Paul, der sich mit ihm in den Lorbeer des britischen Sterne theilte, der kunstsinnige Minister v. Voigt, der kritische Merk aus Darmstadt, der gährende Zacharias Werner, des Mnsäns Zögling Kotzebue, Johannes Falk und Andere. Denn seit Anna Amalie von Brannfchweig-Wolfenbütlel (geb. 24. Octbr. 1739, gest. 10. April 1807), nach dem frühen Tode ihres Gemahls, des Herzogs Ernst August (gest. 28. Mai 1758), mit dem sie nur zwei Jahre verbunden gewesen, die vormundschastliche Regierung übernommen und seit vollends ihr geistvoller Sohn Karl August die eigene Regierung angetreten und Goethe an seine Seite berufen hatte, war Weimar immer mehr ein Sammelpunkt der strahlendsten Geister geworden, die für die geistige Hebung Deutschlands wirkten. Gern mögen wir darüber hinwegsehen, daß die Harmonie dieser Geister keine ungetrübte, ihr Zusammenwirken kein inniges und stetiges war, daß nur Goethe und Schiller sich, nach anfänglicher Verstimmung, wahrhaft zu erkennen und immer fester und fruchtbarer an einander zu schließen verstanden. Freuen wir uns lieber des Großen und Scbönen, das Jeder in feiner Weise zu schaffen wußte und der Betrachtung, wie doch Jeder, auch nach vorübergehender Verstimmung, dem Andern willig die Achtung und Anerkennung widmete, die sein Werth verdiente. Einzelne Glieder des weimarischen Musenhofes gehörten den weimari-fchen Landen durch die Geburt an; die Meisten und Größesten waren von Außen berufen. Schiller siedelte erst 1799 bleibend von Jena nach Weimar über, dem und Deutschland er doch bereits am 9. Mai 1805 durch den Tod entrissen werden sollte, nachdem ihm Herder schon am 18. December 1803 vorangegangen war, wie ihm der greise Wieland ant 20. Januar 1813 und Goethe, zu noch höherem Alter bestimmt, erst am 22. März 1832 folgte. Wie groß und reich aber auch das deutsche Geistesleben sich in Weimar entfaltete, freudig erhebender ist doch noch die Betrachtung, daß sich diese Schöpferkraft keineswegs auf Weimar beschränkte, vielmehr überall in deutschen Landen der Geist sich regte und unsterbliche Werke schuf. Noch lebte Klopstock, an Adel der Gesinnung und Schwung des Gedankens den Größten in Weimar nicht nachstehend, und nicht zu lange erst (15. Februar 1781) war Lessing geschieden, der Begründer eines geläuterten Geschmackes und der kritischen Richtung. Und welches reiche Verzeichniß anderer Namen könnten wir ausführen, die sich itt jener Zeit in die Listen der deutschen Classiker eingetragen haben, und unter deren Trägern Keiner ist, der nicht, neben mancherlei Schwachem, Einzelnes, Mancher, der Vieles geschaffen hat, das da leben wird, so lange noch deutsche Sprache gesprochen wird und noch deutsche Herzen sür das Schöne, Wahre und Gute schlagen.
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