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1. Die Hellenen seit dem Ende der Perserkriege - S. 40

1895 - Leipzig : Voigtländer
40 Geschichte der Hellenen. weggeblieben war, führte er endlich den Diener herein, der ihm den Trank reichen sollte, welchen er schon zubereitet im Becher brachte. — Als nun Sokrates den Menschen sah, sprach er: „Nun, mein Bester, du verstehst es ja, wie muß man es machen?" — „Nichts weiter, sagte jener, „als, wenn du getrunken hast, herumgehen, so lange bis dir die Schenkel schwer werden, und dann dich niederlegen ; dann wird es schon wirken." Damit reichte er dem Sokrates den Becher, und dieser nahm ihn, und ganz getrost, lieber Echekrates ohne im geringsten zu zittern oder Farbe und Gesichtszüge zu verändern, sondern, wie er sonst pflegte, ganz gerade den Menschen ansehend, fragte er ihn: „Was meinst du, darf man von diesem Tiank jemandem eine Spende weihen? Darf man eine machen oder nicht?" — „Wir bereiten eben nur so viel, Sokrates," antwortete jener, „als wir glauben, daß hinreichend sein wird." — "^ch verstehe, sagte Sokrates. „Beten aber darf man doch zu den Göttern, und man muß es ja, daß die Wanderung von hier dorthin glücklich sein möge, weshalb denn auch ich hiermit bete, und so möge es geschehen." Und wie er dies gesagt, setzte er an, und ganz frisch und unverdrossen trank er aus. Und von uns waren die meisten bis dahin ziemlich imstande gewesen, sich zu beherrschen, daß sie nicht weinten; als wir aber sahen, daß er trank und schon getrunken hatte, da - nicht mehr. Und auch mir selbst flössen die Thränen mit Gewalt, und nicht nur tropfenweise, so daß ich mich verhüllen mußte, und mich ausweinen, nicht über ihn jedoch, sondern über mein eigenes Schicksal, daß ich nun eines solchen Freundes beraubt werden sollte. Kriton war noch eher als ich ausgestanden, weil er nicht die Thränen zurückzuhalten vermochte. Apollodoros aber hatte schon früher nicht aufgehört zu weinen, und nun brach er völlig aus, weinend und unwillig sich gebärdend, und es war keiner von allen Anwesenden, den er nicht durch sein Weinen erschüttert hätte, außer Sokrates selbst; der aber sagte: „Was macht ihr doch, ihr wunderlichen Leute! Ich habe vorzüglich deswegen die Weiber weggeschickt, damit sie dergleichen nicht thun möchten' denn ich habe immer gehört, man müsse unter guten Zeichen sterben. Also haltet euch still und standhast!" Als wir das hörten, schämten wir uns, und hielten inne mit Weinen. Er aber ging umher, und als er merkte, daß ihm die Schenkel schwer wurden, legte er sich gerade hin auf den Rücken, denn so hatte es ihn jener Mensch geheißen. Darauf berührte ihn dieser, der ihm das Gift gegeben hatte, von Zeit zu Zeit, und untersuchte seine Füße und Schenkel. Dann druckte er ihm den Fuß stark, und fragte, ob er es fühle; er jagte: nein. Und darauf die Kniee, und fo ging er immer höher hinauf, und zeigte uns, wie er allmählich erkaltete und erstarrte. Darauf berührte er ihn noch einmal, und sagte, wenn es ihm bis ans
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