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1. Völkerwanderung, Frankenreich und Anfänge des Deutschen Reiches - S. 9

1895 - Leipzig : Voigtländer
Die Germanen vor der Völkerwanderung. 9 um das zahlreichste und wackerste Gefolge. Das ist Würde, das ist Macht, immer von einer großen Schar auserlesener Jünglinge umgeben zu sein; das ist Zierde im Frieden, Schutz im Krieg. Und nicht bloß bei Landsleuten, auch bei benachbarten Völkerschaften erwirbt Namen und Ruhm, wer durch zahlreiches, tapferes Gefolge hervorglänzt. Solche werden von Gesandtschaften angegangen, mit Geschenken beehrt, und ihr Name schon hat oft Kriege abgethan.— Kommt es zur Schlacht, so ist es Schande für den Fürsten, an Tapferkeit nachzustehen, Schande für das Gefolge, nicht dem Fürsten an Tapferkeit gleichzukommen. Ehrlos und geschändet auf lebenslang ist, wer den Anführer überlebend aus der Schlacht zurückkehrt. Ihn zu verteidigen, ihn zu schützen, ja eigene Heldenthaten ihm zum Ruhme anzurechnen, ist die höchste Eidespflicht. Die Fürsten kämpfen für den Sieg, das Gefolge für den Fürsten. Wenn ihr Stammvolk in langem Frieden thatenlos hinstarrt, so ziehen Scharen edler Jünglinge freiwillig zu den Völkerschaften, die gerade Krieg führen; teils weil das Volk der Ruhe abhold ist, teils weil sie in Gefahren sich leichter emporschwingen, auch ein großes Gefolge nur durch Gewalt und Krieg zu unterhalten ist: denn von des Oberhauptes Freigebigkeit fordern sie jenes Streitroß, jene bluttriefende sieghafte Frame; Gastmähler und Bewirtung, zwar kunstlos, doch reichlich, dienen statt des Soldes. Die Mittel des Aufwandes sind Krieg und Raub. Nicht so leicht beredet man sie, die Erde zu pflügen und den Jahreslauf abzuwarten, als Feinde herauszufordern und Wunden zu erkämpfen; ja es dünst sie Trägheit und Erschlaffung, mit Schweiß zu erwerben, was mit Blut zu gewinnen ist. — Wann sie nicht in den Krieg ziehen, bringen sie viel Zeit mit Jagen, mehr noch in Müßiggang zu, dem Schlafen und Schmausen ergeben. Die Tapfersten und Streitbarsten treiben nichts; die Sorge für Haus und Herd und Feld bleibt den Frauen, den Greifen und den Unvermögendsten der Familie überlassen; jene brüten hin. Seltsamer Widerspruch der Natur, daß dieselben Menschen so sehr den Müßiggang lieben und die Ruhe hassen. Sitte ist, daß die Gaue, Mann für Mann, den Oberhäuptern freiwillige Gaben an Vieh oder Feldfrüchten zusammenlegen, was als Ehrengeschenk angenommen wird und zugleich dem Bedürfnisse abhilft. Vorzüglich lieben sie Geschenke benachbarter Völker, die nicht bloß von einzelnen Personen, sondern von Gemeinden übersandt werden: auserlesene Rosse, gewaltige Rüstungen, Pferdeschmuck und Halsgeschmeide. Schon haben wir sie auch Geld annehmen gelehrt. — Daß die Völker Germaniens nirgends in Städten wohnen, ist hinlänglich bekannt; nicht einmal zusammengebaute Häuser dulden sie. Abgesondert und zerstreut siedeln sie sich an, wie ein Quell, eine Flur, ein Gehölz einlädt. Die Dörfer legen sie nicht nach unserer
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