1872 -
Berlin
: Gaertner
- Autor: Lange, Otto
- Auflagennummer (WdK): 28
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bildungsanstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
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behandelt und erhielt die Nordküste von Afrika als Provinz. Zwar versuchte er, von den Republikanern unterstützt, einen Kampf gegen die beiden anderen Trium-virn; allein Octavian nahm ihn gefangen und ließ ihm, da er ihn für unschädlich hielt, sein Vermögen und die Würde eines Oberpriesters. Lepidus lebte von nun an zurückgezogen und vergessen. Octavian nahm Italien und die westlichen Länder (Abend), Antonius die östlichen (Morgen). In Kleinasien behandelte Antonius die Völker grausam und erpresste von ihnen ungeheure Abgaben. Übrigens benutzte er seine Fähigkeiten nicht zur Verwaltung des Reiches, sondern ergab sich ganz der Schwelgerei. Kleopatra, Königin von Ägypten und ehemalige Geliebte Cäsars, trug nicht wenig dazu bei, ihn durch ihre Reize zu umstricken. Während dessen arbeitete Octavian heimlich an der Vergrößerung seiner Macht. Fulvia, die Gemahlin des Antonius und Schwiegermutter Octavians, suchte dies zu hintertreiben, allein ohne sonderlichen Erfolg. Da wurde Antonius durch zahlreiche Einfälle der Parther in Kleinasien, Syrien und Palästina aus seiner Sorglosigkeit herausgerissen und erschien endlich mit einer Flotte in Italien. Der Tod Fulvia's und die Vermählung des Antonius mit Octavians Schwester, der tugendhaften und schönen Octavia, führten jedoch eine Versöhnung herbei, nach welcher die frühere Theilung bestätigt wurde. Antonius begab sich dann nach Griechenland, wo er der Ruhe pflegte, während seine Feldherren gegen die Parther kämpfen mussten. Nach einer «abermaligen Feindschaft und Aussöhnung zwischen beiden Männern ging Antonius nach Asien und überließ sich wiederum den Verführungen der Kleopatra, die er aus Ägypten zu sich gerufen hatte. Da die Vorstellungen der treuen Octavia, die er endlich verstieß, bei ihm nicht fruchteten, und da er sogar Provinzen an die Kinder der Kleopatra verschenkte und sie selbst für seine rechtmäßige Gemahlin erklärte, kündigte ihm Octavian den Krieg an. Antonius kam mit einer Flotte nach dem griechischen Vorgebirge Actium (31). Die hier gelieferte Schlacht blieb lange unentschieden, bis Kleopatra mit der ägyptischen Flotte plötzlich davon segelte, und ihre Landmacht zu Octavian überging. Antonius eilte der treulosen Kleopatra nach und entleibte sich, von Octavian verfolgt, in Ägypten selbst. Kleopatra versuchte den Octavian durch Thränen für sich zu gewinnen, gab sich aber, da ihre Bitten erfolglos blieben, angeblich durch zwei Schlangen, den Tod. Octavian zog als Alleinherr, von dem Volke als Imperator Augustus (der hohe Herr) begrüßt, in Rom ein.
§. 61. Sittenverfall der Römer. Die Auflösung der alten Treue, Vaterlandsliebe und Zucht der Römer hatte, wie wir gesehen haben, in den letzten Zeiten der Republik den höchsten Grad erreicht. Erpressung und.schwelgerei wurden vom Senate ohne Scheu getrieben. Unter den Prätoren und Statthaltern, welche aus den eroberten Ländern nicht bloß für den Staat, sondern auch für sich zahllose Schätze einzogen, ist besonders Verres, Statthalter von Sicilien, zu merken. Er forderte von den Ackerleuten die Hälfte des Ertrages und brachte alle kostbaren Gemälde, Bildsäulen, goldenen Gefäße und Edelsteine, deren er habhaft werden konnte, an sich. Das that er um fo willkürlicher, als er die angesehensten Männer Roms auf seiner Seite hatte. Wenn die Statthalter nicht plünderten, so trieben sie mit den eingezogenen Geldern wenigstens schändlichen