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1. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zur Gegenwart - S. 119

1911 - Berlin : Winckelmann
— 119 — Vergangenheit, und sie sahen die reichen Ernten ihrer Kindheit wiederkehren. Im Geiste erblickten sie die dichtbevölkerten Dörfer, die lustigen Sonntage unter der großen Torflinde und die guten Stunden, die sie mit ihren Verwandten und Jugendgenossen verlebt hatten. Die im Kriege verwilderte Jugend aber empfand das Nahen einer wunderbaren Zeit, die ihm wie ein Märchen aus fremden Landen vorkam. Man sprach von der Zukunft, in der auf jedem Ackerstück gelbe Ähren wogen, wo im Stalle die Kühe brüllen, in jedem Koben ein rundes Schweinchen liegen sollte, wo sie selbst mit zwei Pferden unter lustigem Peitschenknall auf das Feld fahren würden, wo sie nicht mehr mit Heugabeln und Flinten den Nachzüglern im Busch auflauern, nicht mehr nls Flüchtlinge in unheimlicher Waldesnacht auf Gräbern der Erschlagenen sitzen würden, wo die Dächer der Häuser ohne Löcher sein sollten. Man freute sich auf die zukünftige Zeit, wo die Dorfkirche wieder Glasfenster und Glocken haben und wo wieder Braut und Bräutigam vor dem Altar knien würden. Eine leidenschaftliche, schmerzliche Freude zuckte damals durch alle Seelen. 73. Städte und Dörfer nach dein 30jährigen Ariege. Ltädte. Nach dem großen Kriege befanden sich die meisten Städte in einem elenden Zustande; denn die Feinde hatten in ihnen große Verwüstungen angerichtet. Während kleine Städte oft ganz in Trümmern lagen, hatten die größeren und stärker befestigten dem Ansturm der fremden Heere mehr Trotz geboten. Freilich waren sie durch Belagerungen oft geängstigt, durch Abgaben und Brandschatzungen erschöpft, durch Hunger und Pest entvölkert worden. Viele Häuser, die in Schutt und Asche lagen, baute man nicht mehr aus, weil es an Mitteln dazu gebrach. Gesellschaftliche Zustände. Während sich früher die Städte selbst verwalteten, war jetzt jede Selbständigkeit verschwunden; denn die Beamten des Landesherrn führten die Herrschaft. Meistens konnten nur die Residenzen der einzelnen Fürsten das Ansehen von echten Städten behaupten. Aber auch nur der Hof bestimmte das städtische Leben; seine Beamten wurden ein einflußreicher Stand, an den sich viele Bürger kriechend drängten. Durch die Garnisonen der kleinen Heere, die nun allgemein wurden, kam ein wenig Abwechselung in eine solche Stadt, während die früheren Volksfeste verkümmerten. Wegen Mangel an Geld konnten nur wenig öffentliche Gebäude, Kirchen, Rathäuser und der gl. erbaut werden. Dagegen erhoben sich die fürstlichen Lustschlösser um so zahlreicher und prächtiger. Neue Bürgerhäuser führte man nur in ärmlicher Weise und nüchterner Gradliuigkeit aus. Verfallen waren Handel und Gewerbe; Kunst und Wissenschaft schienen im Bürgertum untergegangen zu sein. Dörfer. In unserem Vaterlande lagen die Dörfer größtenteils in Trümmern und Asche. Wollte der Bauer nach geschlossenem Frieden ein Stück seines Landes beackern, so mußte er sich selbst vor den Pflug spannen; hatten doch die Soldaten fast jedes Stück Vieh mit sich fortgetrieben. Auf den unbebauten Feldern wuchs nur Unkraut und Gesträuch; ja oft hatten sich auf den Landflächen von selbst Wälder gebildet. War es fleißigen Händen gelungen, etwas anzupflanzen, so wurde es von massenhaft umherlaufendem Wild wieder vernichtet. Hunger und Pest taten auch das Ihrige, um Men-
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