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1. Bd. 1 - S. 94

1885 - Leipzig : Brandstetter
94 Den Griechen gefiel dieser Nat, und sofort machte sich der Held Epsus, der als geschickter Meister berühmt war, an die Her- stellung eines hölzernen Pferdes. Hochstämmige Tannen wurden auf dem waldreichen Jdagebirge gefällt, und aus ihnen zimmerte der kunstreiche Held zuerst die Füße des Pferdes, dann den Bauch und wölbte darüber den Rücken. Auf dem Halse formte er zierlich die Mähne, die sich flatternd zu bewegen schien. Auch mit Haaren wurden Kopf und Schweif reichlich versehen, aufgerichtete Ohren wurden an den Kopf gesetzt, und gläserne Augen unter der Stirn angebracht. Nichts fehlte, als das Werk vollendet war, und reiches Lob ward dem Meister von den Griechen zu teil. Nun stiegen die tapfersten Helden der Griechen auf Leitern in den Bauch des Rosses; unter ihnen auch Menelaus, Diomedes, Ajax der jüngere, Philoktet, Odysseus und Epeus, der Schöpfer des Werkes. Als sie alle in dem Rosse waren, zogen sie die Leiter nach sich und verschlossen die Thür von innen mit Riegeln. Auch Nestor und Agamemnon hatten sich erboten, sich mit in dem Rosse zu verbergen, aber die Griechen hatten es nicht ge- stattet, dem Nestor nicht wegen seines hohen Alters, Agamemnon aber nicht, weil er das Heer der übrigen Griechen nach Tenedos führen sollte. Hierauf steckten die Griechen ihr Zeltlager in Brand und segelten nach Tenedos ab. Rur einer blieb in der Nähe des Pferdes, Sinon mit Namen, ein mutiger Jüngling. Als die Trojaner den Rauch des brennenden Lagers in die Luft steigen sahen und auch bemerkten, daß die Schiffe der Grie- chen verschwunden waren, jubelten sie laut auf über die unver- hoffte Errettung. Sie überließen sich der ausgelassensten Freude, und strömten vor die Stadt hinaus dem griechischen Lager zu. Doch gingen sie nicht unbewaffnet, weil sie noch immer einen Hinter- halt der Griechen fürchteten. Als sie das gewaltige hölzerne Roß erblickten, stritten sie untereinander, ob man das Wundertier den Flammen übergeben oder in die Stadt schaffen solle. Den Helden im Bauche des Rosses war nicht wohl zu Mute, als sie den ersteren Vorschlag hörten. Noch dauerte der Streit der Trojaner fort, als Laokoon, der trojanische Priester des Apoll, herantrat und zu seinen Lands- leuten sprach: „Unselige Mitbürger, welche Verblendung beherrscht euch? Meint ihr, daß die Griechen wirklich nach ihrer Heimat aufgebrochen seien, oder daß ein Geschenk der Griechen keinen Be- trug verberge? Wisset ihr nicht, daß Odysseus unter ihnen ist, der schlaue, der um eine List oder einen Betrug nie verlegen ist? Entweder ist eine Gefahr in dem Rosse verborgen, oder es ist eine Kriegsmaschine, welche die gewiß noch in der Nähe lauernden
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