Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte - S. 98

1908 - Leipzig : Wunderlich
— 98 — Großmacht gewesen. Die Polen bildeten einen durch starke Beimengung deutsch-germanischen Blutes wesentlich verbesserten slawischen Stamm, der schon um 950 sich staatlich einigte. Boleslaw I. Chrobry (der Kühne, 992—1025) errichtete ein großpolnisches Reich, das er weit nach Westen und Osten ausdehnte und das von der Elbe bis nach Kiew reichte. Das hätte dem deutschen Reiche ungemein schädlich werden können, zum Glücke aber zerrütteten Thronstreitigkeiten das Land und ermöglichten so die deutsche Besiedlung nach Osten zu. Aber Wladislaw I. (1306—33) vereinigte Großpolen mit Kleinpolen und erneuerte so das polnische Reich, machte sich vom deutschen Kaiser unabhängig und nahm auch den Königstitel an. Seitdem ward Polen wiederum dem Deutschtum ungemein gefährlich, zumal unter den litauischen Jagellonen (1386—1572), die dem polnischen Reiche Litauen einbrachten. Sie richteten ihre Blicke auf das preußische Ordensland und im Thoruer Frieden (1466) erwarben sie Westpreußen mit Pomerellen, Ermland und Kulm und dazu die Oberlehnshoheit über Ostpreußen. Durch glückliche Kriege vergrößerten sie ihr Land, eroberten Livland, Masowien und andre Gebiete. Um 1570 erreichte Polen seine größte Ausdehnung und umfaßte gegen 940000 qkm mit etwa 15 Millionen Einwohnern. So war es das mächtigste Reich Osteuropas und gebot von der Ostsee bis beinahe an das Schwarze Meer. Ihm wäre eigentlich die Rolle zugekommen, welche später Rußland zufiel, wenn es nicht 1572 beim Aussterben der Jagellonen in ein Wahlreich verwandelt worden wäre. Jedes Wahlreich wird der Tummelplatz wilder Parteikämpfe und zerrüttender Bürgerkriege. Dies zeigte und rächte sich auch au Polen. Seitdem ging es unaufhaltsam abwärts mit ihm, insbesondere aber, als ihm tn Rußland feit Peter dem Großen ein gefährlicher und ländergieriger Nachbar erstand. Seit 1572 war die polnische Königskrone käuflich und wer am meisten bot, der bekam sie. Bestechlichkeit war an der Tagesordnung. Je ohnmächtiger die Königsgewalt war, t>esto_ allmächtiger war der Adel, der die ganze Staatsgewalt an sich gerissen hatte. Der Adel hatte nebst der Geistlichkeit den Grundbesitz inne. Er bestand aus dem niedern und höhern und höchsten Adel. Der niedere Adel zählte etwa 15—20 000 Glieber, von benen jebes ein ober zwei Dörfer besaß. Er war dem höheren Abel unterworfen, der aus etwa zwei Dutzenb Adelsgeschlechtern zusammengesetzt war. Uber biefen erhob sich der höchste Abel, der ungefähr zehn Abelsfamilien umfaßte. Gegen biefe war das Königtum völlig ohnmächtig. Trotz des Königs bilbete Polen in Wirklichkeit eine Abelsrepublik und der König war nicht mehr als bereu Präsident. Bei jeber Wahl würden dem neuen Könige die Befugnisse geschmälert und dem Hochadel die Vorrechte neu bestätigt. Jeder Adlige konnte durch fein freies Nein (Veto) jeglichen Reichstagsbeschluß umstoßen. Eine geordnete Regierung war dadurch.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer