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1. Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte - S. 144

1908 - Leipzig : Wunderlich
— 144 — die inneren Schwierigkeiten, die sofort nach dem Kriege auf* tauchten und gebieterisch nach Lösung verlangten. Mit Recht hat Roosevelt als Präsident der Union einmal behauptet, der Staat sei am glücklichsten, dessen Nationalgefühl am mächtigsten entwickelt sei. Daher hat jeder Staat die dringliche Pflicht, in seiner Jugend und Bevölkerung den nationalen Sinn zu pflegen; denn er ist die festeste Bürgschaft für eine glückliche Zukunft. Aber in Österreich-Ungarn fehlt dieses starke nationale Gefühl, das alle Stämme und Schichten des Volkes in guten wie in bösen Tagen verbindet und die höchste Kraft- und Machtentfaltung ermöglicht und verbürgt. Öster-reich-Ungarn ist eben kein Nationalstaat wie Frankreich und Deutschland, sondern ein Nationalitäten- oder Völkerstaat wie Rußland; nur liegen im Habsburgerstaat die Verhältnisse noch weit ungünstiger als im Zarenreiche. Hier ist wenigstens ein herrschendes Volk, das großrussische, in stärke von rund 50 Millionen vorhanden und bildet das Rückgrat des gewaltigen Reiches. Dazu ist das Selbstherrscher-tum ein starker Kitt; ferner regt sich in vielen Völkerstämmen Rußlands noch kein zarenfeindliches Nationalbewußtsein. Das alles gewährleistet dem Zarenreiche noch einen längeren ungeschmälerten Bestand. Im habsburgischen Donaustaate aber streben alle Stämme nach größerer Selbständigkeit und gefährden dadurch den Staat aufs höchste. Die Ungarn, richtiger die Madjaren, die mongolisch-finnischen Abkömmlinge Arpads, sie suchten von jeher einen selbständigen Staat im Staate der Habsburger zu bilden und machten zu diesem Zwecke 1848 einen gefährlichen Aufstand, der nur mit Hilfe russischer Truppen niedergeworfen werden konnte. Seitdem hatte Habsburg Ungarn als österreichische Provinz verwaltet, aber schon während des Krieges von 1866 gärte es wieder stark in Ungarn. Deshalb ließ sich Beust 1867 zu einem Ausgleich mit Ungarn bewegen, um dies Land und seine Bewohner an das habsburgische Kaiserhaus zu fesseln. Österreich und Ungarn wurden selbständige Staaten und bildeten eine Personalunion, eine Herrschervereinigung, keine Staatenvereinigung mehr wie ehedem. Mit Recht taufte sich der also getrennte und gehälftete habsburgische Staat nun in „Österreichisch-Ungarische Monarchie" um. Zisleithanien (Österreich) und Transleithanien erhielten gesonderte Regierungen, Ministerien und Volksvertretungen (in Zis Reichsrat, in Trans Reichstag genannt). Gemeinsame Angelegenheiten beider Reichshälften sind Heer und Flotte (Wehrmacht), auswärtige Politik und Finanzen (Zollgesetze). Die gemeinsamen Angelegenheiten beraten und beschließen die Delegationen, die aus je 60 Mitgliedern beider Volksvertretungen bestehen. Um aber die Gleichberechtigung beider Reichshälften äußerlich zum Ausdruck zu bringen, tagen die Delegationen (Abordnungen) ab* wechselnd in Wien und Pest. Zu den gemeinsamen Ausgaben trug aber Ungarn nur 30 v. H-, zu der Verzinsung der Staatsschuld gar
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