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1. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 96

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
Mit zufriedenem Blick überschaut Rudolf die Anordnung des Festes. Er sieht die Pracht der Tafel, vernimmt die Freude der Gäste, die Begeisterung des Volkes. Da wird sein Herz fröhlich. Aber unvollkommen ist ihm die Freude, so lange der Sänger beim Feste fehlt. Von Jugend an ist er gewöhnt, daß Gesang das Fest verherrliche, und so will er auch heute den Sänger nicht missen. 2. Der Sänger und sein Lied (Str. 4—12). Auf des Kaisers Geheiß tritt der Sänger in den Saal. Silberweißes Lockenhaar hängt über seine Schultern herab. In ein langes, festliches Gewand ist er gehüllt. Im Arme trägt er die Harfe. Alle richten die Augen gespannt auf deu Sänger, alle lauschen erwartungsvoll, was dieser wohl gerade heute zum Krönungsfeste für ein Lied dem Kaiser singen werde. Jetzt schlägt er mächtig in die Saiten und beginnt sein Lied. Dasselbe berichtet über eine der schönsten Thaten des Kaisers, nennt aber denselben nicht mit Namen. — Ein edler Held reitet auf die Jagd. Unterwegs trifft er einen Priester, der einem Sterbenden das heilige Sakrament bringen will. Ehrfurchtsvoll verneigt er sich vor der heiligen Hostie und entblößt das Haupt. Da hemmt ein wilder Gebirgsbach den Pfad des Priesters. Das reißende Wasser hat den Steg hinweggespült. Eilfertig zieht der Seelsorger die Schuhe vou den Füßen, um das Bächlein durchschreiten und dem Sterbenden die Hostie noch reichen zu können. Der Graf sieht den Vorgang. Schnell reitet er herzn und bietet dem Geistlichen sein Roß an, welches ihn durch das Wasser hindurch und zu seinem Ziele bringen soll. Dankbar nimmt jedoch der Priester das Tier an und bringt es am andern Morgen zurück ins Schloß. Der Graf nimmt jedoch das Roß nicht wieder an, das so heiligem Zwecke gedient hat. Er schenkt es dem Priester, damit es für immer göttlichem Dienste gewidmet sei Entzückt ruft der Priester dem frommen Geber zu: „So möge Euch Gott schützen und zu Ehren bringen. Euch blühen sechs liebliche Töchter: Sie mögen mit Fürsten vermählt werden, und Euer Haus möge glänzen viele Jahrhunderte hindurch!" — Mächtig bat des Sängers Lied auf deu Kaiser gewirkt. Jener Graf, von dem das Lied berichtet, ist er ja selbst gewesen, und wie er dem Sänger recht ins Auge schaut, erkennt er die Züge des Priesters wieder, dem er jenen Dienst erwiesen hatte. Gerührt verbirgt er jetzt in des Mantels Falten seine Thränen. Alle aber erkennen den Zusammenhang der Dinge und bliesen erfreut auf ihren Herrscher, an dem sich Gottes vergeltende Hand so sichtbar zeigt. Anmerkungen. 1. Die Quelle, aus welcher Schiller die Erzählung vom Grasen von Habsburg geschöpft hat, ist das Chronicon helveticnm von Aegidius Tschudi (geb. in Glarus 1505, gest. 1571). Dieser erzählt ferner, daß jener Priester, welcher dem Grasen auf der Jagd begegnete, später Kaplan beim Erzbischof zu Mainz geworden fei und nicht wenig dazu beigetragen habe, bei der Kaiserwahl die Gedanken des Erzbischofs auf den Grafen von Habsburg zu lenken. 2. Am Schluffe des Gedichts schreibt Schiller: „Für die, welche
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