Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 110

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
f — 110 — Der Mönche ihm als ein Unrecht erscheint. „Das Meiste nimmt, wie man hört, der heilige Vater selbst," murmelte er, „wenn er um Ablaßgeld die Thüren des Himmels öffnet." Da schleicht eine arme Frau heran, wirft sich am nächsten Altar auf die Stufen und ringt die Hände, ier Büßende kennt sie und weiß auch, daß sie um ihres Sohnes willen fleht. Derselbe hat gegen ihn und andere Gesellen die Waffe gehoben unü soll dafür seine Hand verlieren. Da kommt der Büßende wieder auf andere Gedanken, und es fällt ihm ein, daß dies an diesem Orte eine neue Sünde fei, er fängt wieder an, die Kugeln des Kranzes zu bewegen. Da vernimmt er in feiner Nähe leisen Tritt, er sieht auf, ob der Oberste der Predigermönche komme, sich an seiner Demütigung zu weiden, aber er drückt sich tiefer in die dunkle Ecke, denn an die stufen des Altars tritt eine verhüllte Magd. Es ist die Tochter seines Lehrers, die er kennt. Seine Andacht ist nun zu Ende. Beschämt erhebt er sich, sieht auf die liegende arme Frau, wirft ihr das Goldstück zu, das er als Opfer für sich selbst mitgenommen hat, und geht. Das äßeib saßt das Geld, springt auf, läuft ins Kloster und stammelt dort einen verwirrten Bericht von der himmlischen Stimme, die sie gehört, und von dem Engelsangesichte, das sie einen Augenblick am Altar gesehen. Durch diesen Vorfall wird ihr Sohn gerettet, die Prediger-mönche aber haben den größten Vorteil, denn um den Altar, auf welchem das Engelsgold ausgestellt, ist seitdem ein Gedränge von Betenden und alle, die in Not geraten, lauschen nach dem Klange eines Goldstückes. Doch der Engel hat keins mehr, das er zu werfen vermag. Zusammenfassung nach der Frage: Welche kirchlichen Zustände traf Luther in unsrer Stadt an? 1. Im Kloster ärmliche äußere Einrichtung, eine kleine Brüderschaft, spärliche Einkünfte, bei den Mönchen Vernachlässigung des Studiums, Unkenntnis der Bibel und Unwissenheit, Bettelei, Fasten, falsche Frömmigkeit, Furcht vor Strafe, heimliche Flucht, unsittliches Leben. 2. In den Kirchen Anrufung des schwarzen Herrgottes, des wächsernen Marienbildes, der Heiligen Johannes, Nikolaus, Jakobus und Benno, Verehrung der Fußfohle der Jungfrau Maria (Reliquie), Wallfahrten, Bußübungen, Rofenkranzbeten. Und dieses äußere gottesdienstliche Thun nannte man „gute Werke" Psychologisches: Welche Gefühle mögen wohl das Herz des Visitators bewegt haben? Verdruß und Mißstimmung bereitete ihm wohl das sittenlose Leben der Mönche, Abscheu und Ekel empfand er auch über das gottlose, abergläubische Treiben des Volkes; aber Zorn und Verachtung gegen die irregeleitete Herde vermochte ihn nicht einzunehmen. Er gewann vielmehr die feste Überzeugung, daß auch in den Verirrten der Funke des göttlichen Geistes schlummere. Inniges Mitleid ergriff ihn, wenn er das Volk „wie das liebe Vieh und unvernünftige Säue" dahinleben sah. Der heiße Wunsch wurde in ihm rege: Wenn ich doch die Flamme anfachen, den geistlich Blinden die Augen
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer