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1. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 141

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 141 — Alles, was ihnen an ihm böse erschien, suchten sie zu entfernen. Da setzte es oft um geringfügiger Dinge willen derb die Ruthe, so daß der Knabe wohl gar schüchtern und furchtsam sich aus dem Hause schlich. Mit dem gleichen Eifer pflegten und hegten sie aber auch alles, was sich in der Kindesseele Gutes und Edles regte. Sinnend betrachtete Martin mit dem frommen Vater die Heiligenbilder an der Wand und andächtig erhob er den Blick zu den Sternen, die durch die runden, mit Blei eingefaßten Scheiben blitzten. Der Vater regte ihn durch ernste Gespräche auch zum Nachdenken an und sammelte Gäste um sich, die den forschenden und fragenden Knaben belehrten. Wie freuten sich da die Eltern, als sie herausgefunden, daß der kleine Martin, klug und fromm, einst gewiß ein tüchtiger Mann werden würde! Sieben Jahre alt, wurde der Knabe der lateinischen Schule zu Mansfeld übergeben. Da lernte er das Selen, Schreiben, Singen und die Anfangsgründe im Latein. Vor allen Dingen aber wurde der Katechismus auswendig gelernt. Die zehn Gebote, der Glaube, und das Vaterunser wurden ohne jede Besprechung und Erklärung eingeprägt und überhört. Wenn dann das Aufsagen schlecht von statten ging, so sollte der Stock nachhelfen. Auch Martin hatte unter dieser harten Zucht bitter zu leiden. Er erzählt selbst, daß er einmal an einem Vormittag sünszehnmal gestrichen worden sei und vergleicht solche Schulen mit der Hölle und dem Fegefeuer. In dem Religionsunterrichte erhielt er auch Anweisung, Maria und die Heiligen anzurufen, zu beten, zu fasten, zu wallfahrten und Bußübungen zu leisten. Am liebsten sang er die „seinen Lieder", deutsche und lateinische, die dem Sanges-lustigen das Herz erquickten. Da stand am Sonntage der kleine Stadtschüler oben aus dem Chore der heimatlichen Kirche und sang mit voller Andacht die geübten Gesänge und Lieder. Er betete mit heißer Inbrunst zur Jungfrau Maria, zu den Aposteln und den Heiligen, wagte aber nicht den Blick emporzuheben zu dem „zornigen" Gotte, denn er stellte sich diesen eben so hart und streng vor wie seinen Vater und seine Lehrer. An hohen Festtagen beteiligte sich der Chorknabe auch an den Singumgängen, die in dem Heimatstädtchen und in den umliegenden Dörfern gehalten wurden, und teilte sich mit seinen Jugendfreunden in die Stücken der errungenen Gaben. So entfaltete sich die junge Kindesseele, einer Knospe gleich, die von rauhen Winden umweht wird.*) (Aufsatz.) Zweites Stück: Luther auf den Schulen. Was erwartet ihr von der Schule, die der vierzehnjährige Martin besucht hat? Erwartung: Sie liegt jedenfalls in der Nähe der Heimat, daß er oft nach Hause kommen konnte. Gewiß lernt er dort die lateinische Sprache. Die Lehrer sind vielleicht freundlicher mit ihm als in Mans- *) Siehe Lutherbuch von Ferdinand Schmidt.
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