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1. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 143

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 143 — leben, die es auch gesehen haben." (Gedanken Luthers, beim Anblick des Mönches.) Meint ihr, daß Martin lange in Magdeburg geblieben ist? Erwartung: Wohl kaum, des Lebens Not begegnete ihm hier in gar zu greller Gestalt. Wie oft mußte er hungern und frieren! Wie oft schlich er bettelnd von Haus zu Haus! Wie elend wanderte er zur Schule! Das Sorgen und Mühen um’s tägliche Brot raubten ihm nicht nur die Zeit, wohl oft auch die Lust zum Studium in der lateinischen Sprache. Ging er da wieder zurück nach Mansfeld und hüllte sich in einen Bergmannskittel, um des Vaters Schlegelgeselle zu werden, oder fand er eine andere lateinische Schule, auf welcher er nicht bloß freien Unterricht, sondern auch freien Lebensunterhalt genoß? Bestätigung: Martin blieb nur ein Jahr in Magdeburg. Der Vater wies ihn dann nach Eisenach, wo ihn Verwandte der Mutter unterstützen sollten, aber diese waren selbst arm. Ihr könnt euch denken, wie es dem fünfzehnjährigen Martin dort ergangen ist, Erwartung: Es wird ihm in Eisenach nicht viel besser ergangen sein als in Magdeburg. Die Verwandten waren nicht in der Lage, ihn zu unterstützen, denn sie hatten für sich selber nichs. Wenn es ihm da nur nicht schlimmer ergangen ist als in Magdeburg. Vielleicht saß er da in einer kalten Bodenkammer und lernte seine lateinischen Worte für den nächsten Tag. Oder wenn er gar im Haufe helfen mußte? Da schaukelte er wohl gar mit der einen Hand die Wiege und hielt in der andern fein Buch.*) Wenn es ihm so schlecht erging, so mußte gewiß der Arme auch in Eisenach fortfahren, als Chorknabe beim Gottesdienste mitzuwirken oder das tägliche Brot vor den Thüren sich zu ei'singen. Da mochte es ihn immer wieder tief darniederdrücken, wenn man ihn statt mit Geld oder Brot mit groben Scheltworten abspeiste. Bestätigung: Anfangs erging es ihm schlecht. Er sagt selbst: „Verachte mir nicht die Gesellen, die vor den Thüren den Brotreigen singen. Ich bin auch ein solcher Partekenhengst gewesen uns habe das Brot vor den Hausern genommen, sonderlich zu Eisenach, in meiner lieben Stadt." Er nennt Eisenach seine liebe Stadt. Erwartung! Es mag ihm doch noch gut ergangen sein. Vielleicht zeichnete er sich in der Schule vor allen andern Schülern aus, lernte fleißig lateinisch, so .daß feine Lehrer auf ihn aufmerksam wurden, ihn freundlich und liebevoll behandelten und reichen Bürgersleuten zur Unterstützung empfahlen. Oder er fiel durch fein andächtiges Singen und Beten in der Kirche und bei den Umzügen in der Stadt, durch fein stilles, ernstes Wesen und sein bleiches Aussehen einem mitleidigen *) So malt Otto Zuck, Atzendors das Elend des Eisenacher Lateinschülers aus.
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