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1. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 189

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 189 — Papst die unentgeltliche Verabreichung des Ablasses an Arme befohlen hat und die Gehilfen ihn ermahnen und bitten. Da findet er neue Wege und Ausflüchte, er beruft sich auf den päpstlichen Brief, auf die Worte von der helfenden Hand. So ist er noch eigennütziger und habsüchtiger als der Papst. Mykonius nennt ihn zutreffend einen „heiligen Dieb". Aber seine Gehilfen sind wohl besser als er? Es scheint so, denn sie bitten wiederholt sür Mykonius, loben ihn, und mochten ihm den Ablaß gern umsonst verschaffen. Und als das nach Tetzels Willen nicht geht, wollen sie ihm den Ablaßbrief für zehn, dann für sechs Pfennige, alfo für den niedrigsten Preis gewähren, ja sie erbieten sich sogar, ihm die sechs Pfennige zu schenken. Zuletzt sind sie traurig über den Handel. Man sieht, sie finden Gefallen an dem Jünglinge und haben ein mitleidiges Herz, sie haben die richtige Erkenntnis und wollen dem Einen gegenüber darnach handeln. Wie hätten sie denn das begonnene gute Werk vollenden sollen? (Ausführung seitens der Kinder.) Aber sie thun unrecht. Wieso? Sie denken: Der Papst hat zwar befohlen, den Armen den Ablaß umsonst zu geben, aber dieser Befehl ist in einem Anhängsel und in lateinischer Sprache ausgedrückt. Da kann es doch der Papst nicht so ernst meinen mit der unentgeltlichen Verabreichung an Arme. Die Leute merken den Betrug auch nicht, denn sie können die lateinische Schrift gar nicht lesen und verstehen. — Wir müssen auch thun, was uns Tetzel sagt, wir haben nicht darnach zu fragen, ob das recht oder unrecht ist. Und es ist auch wahr, was Tetzel sagt: „Wenn wir einem Schüler den Ablaß umsonst geben, dann wollen ihn die anderen Schüler und die Bettler auch umsonst haben. Das geht aber nicht, sonst schäbigen wir unsere Einnahmen." So beschwichtigen sie ihr Gewissen und lassen aus Furcht und Feigheit vor Tetzel den Betrug zu. Mykonius nennt auch sie „heilige Diebe". Ganz anders hanbelt Mpkonius. Erst ist er auch ein treuer Anhänger Tetzels, benn er hört ihm aufmerksam zu und glaubt ihm alles. Als er aber den päpstlichen Brief mit der lateinischen Klausel liest, ba erwachen in ihm die ersten Zweifel. Um sich Klarheit zu verschaffen, und um „die Seligkeit seiner Seele nicht zu versäumen und zu verscherzen", geht er zu Tetzel und verlangt den Ablaß umsonst. Der Jüngling trägt seine Bitte in einer wohlgesetzten lateinischen Rede den Gehilfen vor (denn der stolze und hochmütige Mönch verschmäht es, einen armen Lateinschüler anzuhören). Diese bewundern ebenso sehr seine Klugheit und Demut, als seine Beredsamkeit. Er erkennt Tetzels Eigennützigkeit und Betrug und beruft sich ihm gegenüber auf den päpstlichen Brief. Er weist auch die betrügerische Vermittelung der Mönche zurück, hält ihnen ihr Unrecht vor und bleibt unerschütterlich auf seinem Verlangen bestehen. Als er ohne Ablaß entlassen wirb, bittet er Gott um Vergebung der Sünden, tritt, um Gott zu gefallen, ins Kloster ein, erleidet dort große innere Qualen wie Luther und kommt endlich zur Erkenntnis der Gnade Gottes.
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