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1. Zeit der alten Deutschen bis zur Reformationszeit - S. 201

1889 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 201 — denn Gott; man wird mir ja nicht mehr denn das Leben können nehmen. Ich habe bisher vielmal Friede angeboten meinen Widersachern; aber, wie ich sehe, Gott hat mich durch sie gezwungen, das Maul immer weiter aufzuthun, und ihnen, weil sie unmüßig sind, zu reden, bellen, schreien und schreiben genug gegeben. Wohlan, ich weiß noch ein Liedlein von Rom und von ihnen. Jncket sie das Ohr, ich wills ihnen auch singen und die Noten aufs höchste stimmen. Verstehst mich wohl, liebes Rom, was ich meine?" *) Die Besprechung der einzelnen kleinen Abschnitte hat ihr Augenmerk immer auf den Mißbrauch der Kirche und auf den Ver-besserungsv orschlag Luthers zu richten, so daß schließlich folgende Gesamtbilder gewonnen werden. a) Welches Bild entwirft Luther von der katholischen Kirche jener Zeit? Die Romanisten hatten drei Mauern um sich gezogen, hinter welche sie sich verschanzten. Zuerst behaupteten sie, die weltliche Gewalt habe nicht Recht über sie, die geistliche sei vielmehr über die weltliche gesetzt. Nach diesem von Menschen erdichteten Gesetze herrschte im Mittelalter ein großer Unterschied zwischen^ dem geistlichen und weltlichen Stande. Die Päpste wollten noch mehr sein als Kaiser, Kurfürsten und Herzoge. Waren es doch Päpste, welche sich den Titel eines Königs von Neapel und Sicilien zulegten. Ein Papst war es, der Heinrich Iv. seines Thrones entsetzte und ihn in Kanossa schmachvoll demütigte. Ein Papst war es, der von Kaiser Friedrich Barbarossa verlangte, daß ihm der Steigbügel gehalten werde. Ein Papst war es, der eine weltliche Pracht entfaltete, wie es ihm kein Kaiser und König gleichthun konnte. Auch Bischöfe und Priester umgaben sich mit einem Heiligenschein. Kein geweihter Priester durfte von der weltlichen Obrigkeit bestraft, von niemand an feinem Leib und Leben verletzt, an seinem Gut benachteiligt, an seiner Ehre gekränkt werben. Würbe einer erschlagen, so mußte das ganze Land eine furchtbare Kirchenstrafe erleiben. Die Kirchen wurden geschlossen, die Glocken nicht geläutet, keine Messe gelesen, kein Gottesdienst gehalten, die Verstorbenen nicht in geweihter Erbe begraben und die Kruzifixe und Heiligenbilber verschleiert (Interdikt) Selbst ein abgesetzter Priester galt noch mehr als ein schlichter Laie. Die Römlinge behaupteten zweitens: es gebühre die Schrift niemand auszulegen denn dem Papste. Sie gaukelten dem Volke vor: der Papst könne nicht irren im Glauben, er sei bös ober fromm. Und oft hatte er boch roeber den Glauben noch den Geist Christi. Wie hätten sonst Päpste solche fchriftroibrige Werke thun ober zulassen können! Anstatt den Bußfertigen die göttliche Vergebung der Sünden zu ver- *) In höheren Schulen sollte die Schrift ganz gelesen werden. Sie findet sich abgedruckt in dem Werke: „Martin Luther als deutscher Klassiker." ^rankiurt a. M Heyder und Zimmer. 1874.
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