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1. Das Altertum - S. 147

1893 - Leipzig : Dürr
— 147 hielten sie aber nicht. Dies mußte endlich zum Bruche führen. Als das Heer wieder einmal aus dem Kriege heimkehrte, trennten sich die Plebejer von den Patriziern und zogen in militärischer Ordnung über den Anio auf den heiligen Berg, der eine und eine halbe Meile von Rom entfernt war. Ihre Weiber und Kinder folgten ihnen, es schien, als würde dort alsbald eine neue Stadt entstehen. Nun waren die Patrizier in der größten Verlegenheit. Sie sandten einen den Plebejern angenehmen Mann, Namens Menenius Agrippa, ab, daß er die Bedingungen der Ausgewanderten höre und eine Aussöhnung herbeiführe. Menenius Agrippa entledigte sich seiner Aufgabe auf das beste. Er trat mutig unter die erzürnten Plebejer und erzählte ihnen die Fabel von dem Magen und den Gliedern. Die Glieder, sagte er, waren einst des Dienstes überdrüssig, den sie dem Magen leisten mußten. Dieser spiele den großen Herren, fordere nur immer und verzehre alles, was sie mühsam zusammenbrächten. Zuletzt beschlossen sie, sich von ihm loszusagen, und sie thaten es. Die Füße gingen nicht mehr nach Nahrung, die Hände bereiteten sie nicht zu, die Zähne zermalmten sie nicht, Zunge und Gaumen verschluckten sie nicht. Der Magen krümmte sich und knurrte vor Hunger, und die Glieder lachten und spotteten seiner. Aber bald kam die Reihe zu seufzen und zu klagen auch an sie. Die Arme hingen schlaff nieder, die Beine knickten zusammen, die Kinnladen klafften auseinander, und Zunge und Gaumen vertrockneten. Da erkannten sie ihr Unrecht, machten Frieden mit dem Magen und dienten ihm wieder. Der Magen, schloß Menenius Agrippa feine Erzählung, sind die Patrizier, die Glieder seid ihr. Die Plebejer erkannten den Sinn der weisen Rede und zeigten sich geneigt, zurückzukehren, aber nicht bedingungslos. Die Patrizier mußten sich dazu verstehen, mit ihnen einen förmlichen Vertrag zu schließen, in welchem sie ihnen Schuldenerlaß gewährten und das Recht, Tribunen zu wählen, zugestanden. Die Tribunen, anfangs zwei, später fünf und zuletzt zehn, waren die Volksvertreter, die jeden einzelnen, sowie den ganzen Stand gegen Vergewaltigung und Willkür schützen sollten. Immer, selbst in der Nacht, stand ihr Hans offen, damit jeder Bedrängte ihren Schutz anrufen könnte. Später erhielten sie auch das Recht, in der Sitzung des Senats gegenwärtig zu fein und gegen den Plebejern nachteilige Gesetze ihr Veto (Veto — ich verbiete) einzulegen. Als die Plebejer hierauf nach Rom zurückkehrten, hatten sie viel erreicht, aber der volle Friede zwischen den Ständen war noch nicht hergestellt. Dies zeigte sich, als etwa zwölf Jahre später der Konsul Spurius Cassius das Gesetz einbrachte, daß von den im Kriege eroberten Ländereien ein Teil an die Plebejer verteilt werden solle. 10*
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