1895 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: Pfalz, Franz
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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scheint diesem Verdachte Raum gegeben zu haben, wenigstens nahm er den Ankläger, einen nichtswürdigen Menschen, in Schutz. Der Oranier war schon vorher (im Juli 1672) zum Statthalter ernannt worden, und damit beginnt die Wenduug des Krieges zu Gunsten der Niederlande. Trotz seiner Jugend, er war erst 22 Jahre alt, zeigte Wilhelm von Oranien einen sittlichen Ernst, eine Reife des Urteils, eine Umsicht und Energie, die das Höchste von ihm hoffen ließ. Und schon nahten die Helfer. Der große Kursürst erschien im Herbst 1672 mit feinern Heere in den Rheingegenden und brachte sogar ein österreichisches Heer mit, das der durch die Fortschritte der Franzosen erschreckte Kaiser unter des Grafen Montecnccoli Führung hatte zu den Brandenburgern stoßen lassen. Aber der Minister Lobkowitz hinderte durch geheime Gegenbefehle jeden Erfolg dieser kriegerischen Unternehmung, die Kurfürsten von Mainz und Trier verweigerten dem branden-burgisch-österreichischen Heere deu Durchzug durch ihre Sander, und als es sich nach Westfalen wandte, um den Bifchof von Münster zu züchtigen, überschritt Turenne den Rhein und trieb es über die Weser zurück. Da die Franzosen nun das clevische Land zu verwüsten begannen, sah sich der Kurfürst genötigt, vorläufig mit Frankreich Frieden zu schließen, im Dorfe Vossem bei Löwen wurde im Juni 1673 der Vertrag unterzeichnet.
Das Jahr 1673 war noch eine schwere Zeit für Wilhelm Oranien. Mastricht wurde in Gegenwart Ludwigs Xiv. von Cond« zur Kapitulation gezwungen, nur mit der äußersten Anstrengung hielt er die Franzosen, die durchaus nach Amsterdam vorbringen wollten, aus, sein ganzes Vermögen gab er zur Weiterführung des Krieges her. Erst im Herbst dieses Jahres eröffneten sich bessere Aussichten. Spanien und Österreich waren durch die Gewaltthaten der Franzosen aus das äußerste gekrankt worden. Französische Heere brandschatzten die spanischen Niederlande und machten dort neue Eroberungen, Trier hatte sich Ludwig Xiv. ergeben und die zehn elsassischen Reichsstädte hatten französische Besatzungen aufnehmen müssen. Da ermannten sich Spanien und der Kaiser; trotz dem Widersprüche des treulosen Lobkowitz schlossen sie ein Bündnis mit den Niederlanden ab und erklärten Frankreich den Krieg. Montecuccoli nötigte Turenne, der in Süddeutschland eingefallen war, über den Rhein hinüberzugehen, und eilte dann nach dem Niederrhein, um den Spaniern nahe zu fein, die ihre Niederlande zurück haben wollten. Nun wagte Wilhelm von Oranien einen kühnen Marfch. Er ging mitten durch das Land, vereinigte sich in Flandern mit den Spaniern und durch diese verstärkt bei Andernach mit den Österreichern. Die Verbündeten, jetzt