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1. Die neueste Zeit - S. 31

1897 - Leipzig : Dürr
— 31 — Gegen Morgen zeigte sich der König dem Militär, welches ihn verteidigen sollte; als er aber sah, daß einige Artilleristen der Nationalgarde, die im Garten aufgestellt war, ihre Kanonen auf das Schloß richteten, entsank ihm der Mut gänzlich. Anstatt diese unzuverlässige Abteilung durch die treuen Nationalgardisten sofort entwaffnen zu lassen, ging er gesenkten Hauptes in sein Zimmer zurück und verfiel in düsteres Grübeln. Unterdes begannen die Volkshaufen, die sich nach und nach auf dem Karufsellplatze eingefunden hatten, gegen die Tuilerien anzurücken. Die republikanischen Parteiführer, Robespierre, Danton, ließen sich nicht sehen, Marat irrte ängstlich von einem Versteck in das andere und dachte an Flucht. Als eine verwegene Schar von Sansculotten und Föderierten sich anschickte, die Umfassungsmauer des Schlosses zu ersteigen, machte der Syndikus Röderer, der die Verantwortung für die Sicherheit der königlichen Familie übernommen hatte, Ludwig den Vorschlag, sich in den Schutz der Nationalversammlung zu begeben. Der rat- und thatlose Monarch folgte der Aufforderung. Es war 7 Uhr des Morgens, als der König mit den Seinen, von Schweizern und Nationalgardisten gedeckt, den Weg nach dem Sitzungssaal der Nationalversammlung antrat. „Meine Herren," sagte er, als er dort ankam, „ich wende mich zu Ihnen, um ein großes Verbrechen zu verhindern. Ich glaube nirgends sicherer als in Ihrer Mitte zu sein." Man wies der unglücklichen Herrscherfamilie eine Schreiberloge an und setzte die Beratungen fort. Obgleich der König das Schloß verlassen hatte, so hielten sich doch die treuesten Verteidiger desselben, ein kleiner Teil der Nationalgarde, die Adligen und die Schweizer, für verbunden, das Volk abzuwehren. Es gelang den letzteren, die Menge zurückzutreiben, da aber die Gensdarmerie keine Ordre hatte, einzugreifen, so sammelten sich die Flüchtigen wieder, und der Kamps begann von neuem. Der Donner der Kanonen erschreckte die Mitglieder der Nationalversammlung so, daß sie in den König drangen, den Verteidigern des Schlosses die Einstellung der Feindseligkeiten anzubefehlen. Es geschah, aber zum Unglück der Schweizer. Sie wurden von den Stürmenden niedergeschossen bis aus wenige, die sich slüchteten und bei mitleidigen Bürgern Aufnahme fanden. 700 dieser braven, treuen Leute sind damals gefallen. Der sterbende Löwe von Thorwaldsen in Luzern erinnert an das schreckliche Schicksal der Geopferten. Die königliche Familie mußte den ganzen heißen Tag in der Schreiberloge zubringen, mußte alle die Schmähungen anhören, die
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