Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Mittelalter - S. 94

1890 - Berlin : Weidmann
— 94 — Die Kultur des Abendlandes erreichte wesentlich durch die Kreuzzüge zu Anfang des 13. Jh. ihren Höhepunkt, in welchem sich die Bekanntschaft mit der glänzenden arabischen Kultur im äufseren wie im geistigen Leben wiederspiegelt. 1) Das äufsere Leben wurde verfeinert durch Bekanntwerden mit 1) orientalischen Stoff en (Baumwolle, Kattun, Musselin, Damast, Seide, Atlas, Sammet); 2) Erzeugnissen des Kunstgewerbes (Teppiche1), Stickereien, Schmucksachen und andere Kostbarkeiten, Glas-Spiegeln2), Damascener Waffen, Farben [karmoisin, lila u. a.]); 3) Pflanzen und Früchten3) (Sesam, Johannisbrot, Mais, Reis, Zucker,4) Limone, Südfrüchte, Pistazie, Aprikose, Perlzwiebel, Wassermelone); 4) Sitten und Gewohnheiten (häufiges Baden, Dampfbäder, Schminken, Barttragen, byzantin. Haarputz, der aus Indien stammende Rosenkranz). — Auch verallgemeinerte der durch die Kreuzzüge gesteigerte Handelsverkehr Italiens (Venedig, Amalfi, später Genua und Pisa) mit Byzanz,6) den Arabern6) und den Mongolen7) den Gebrauch der schon bekannten Produkte Indiens (Gewürze, Spezereien, Perlen, Edelsteine, Elfenbein). Die höchste Entfaltung des gesamten weltlichen Lebens fand das bis 1200 durchaus aristokratische Mittelalter an den Höfen der Fürsten im Ritterwesen, das mit seinen ‘höfischen’ Formen in allen westlichen Ländern dasselbe war und alle Nicht-Bürgerlichen wie zu einem großen Orden vereinte. Der durch Ritterschlag in diesen Orden nach einer Dienstzeit als Edelknabe und Knappe Aufgenommene mufste Tapferkeit, Treue ohne Falsch, Gerechtigkeit, Milde und Menschlichkeit, besonders gegen Witwen, Waisen, Frauen und Schwache geloben. Daher die Tourniere und der Kult der Frauen (Minnedienst). Dies Ritterwesen erhielt durch die Kreuzzüge seine volle Ausbildung, daher die geistlichen Ritterorden.8) Der Ritter wurde ‘Herr’ angeredet, während der Bürger ‘Meister’ hiefs. 2) Wissenschaft. Auf dem Gebiete des geistigen Lebens wirkte vorzugsweise die Erweiterung des Gesichtskreises befreiend, indem sie die Autorität der Kirche untergrub. — Die vollständige Kenntnis des Aristoteles durch lateinische Übersetzungen aus dem Arabischen führte die Blüte der mittelalterlichen Philosophie, der Scholastik herbei, in welcher die aristotelische Philosophie im Sinne der römischen Kirchenlehre ausgebildet wurde, zuerst durch den Schwaben Albertus Magnus (1193—1280, Dominikaner, Bischof von Regensburg, f in Cöln), dann durch den Italiener Thomas v. Aquino (1226—1274, aus gräfl. Geschlecht, Schüler Alberts d. Gr. und Lehrer in Cöln, Paris, Bologna).9) — Erweiterung der geographischen Kenntnisse durch Reisen, wie die des Marco Polo und seiner Oheime.10) *) Z. B. die kostbaren im Halberstädter Dom befindlichen. 2) Über Venedig eingeführt; daher noch jetzt der Buf der venetianischen Spiegel. Früher waren Metallspiegel wie im Altertum gebräuchlich. 3) Sie wurden z. t. auch nur weiter verbreitet. *) Zucker (aus lat. sacharum entstanden, das indischen Ursprungs ist) war schon im Altertum bekannt, aber nur ‘ad medicinae usum' nach Flin. 12, 32, der ihn beschreibt als lmel in arundinibus collectum cummium modo candidum (weifs wie Gummi), dentibus fragile. Kaffee wurde erst im 16. Jh. in Europa bekannt, Thee nach 1635. 5) Byzanz war lange Stapelplatz orientalischer Waren, aber die Indolenz der Griechen that nichts zu deren Verbreitung nach dem Abendlande, und dieses hatte bis zu den Kreuzzügen genug mit sich zu thun. 6) An die Verbote des Handels mit den Ungläubigen seitens der Päpste kehrten sich die Italiener nicht. 7) Vgl. o. zu 1241. — 8) S. o. zu 1119, 1120, 1189. 9) Thomas v. Aquino ist 1880 von Leo Xiii. zum Normalphilosophen der katho- lischen Kirche erhoben worden, über den die Philosophie nicht hinausgehen darf. 10) S. u. zu 1271.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer