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1. Neue Zeit - S. 12

1892 - Berlin : Weidmann
— 12 — müssen, ja selbst noch mehr Feinden sich gegenüber zu sehen,1) da Versuche, Österreich von Deutschland, seinem Besieger von 1866, abzuziehen, gemacht sind und auch in Zukunft gemacht werden dürften. — Allein ganz abgesehen davon, dafs nicht nur der Dreibund durch wahre und dauernde Gleichheit der Interessen fester zusammengehalten werden dürfte, als seine Gegner glauben2), und dafs auch England erklärt hat, es werde denen feindlich gegenüberstehen, die den Frieden störten, müfste der ganze Gang der geschichtlichen Entwickelung trügen, wenn Deutschland nicht hoffen dürfte, rufsischer Unkultur und französischer Überkultur gegenüber den Sieg zu behalten. — § 12. Diesen auf die Geschichte gegründeten Glauben wird man festhalten dürfen auch der Möglichkeit gegenüber, dafs in den Streit der europäischen Mächte Amerika hineingezogen würde. Während die Völker Europas sich die Kämpfe lieferten, die sie bei den einmal seit alters her vorhandenen Kräften und Gegensätzen sich mit unabwendbarer Naturnotwendigkeit liefern mufsten, hat sich Amerika in einer Weise entwickelt, die für Europa bedrohlich werden kann. Nicht genug, dafs daselbst die schon erwähnte Monroe-Doktrin entstanden, die Amerika für die Amerikaner in Anspruch nimmt und den europäischen Mächten, die dort noch Besitzungen haben, den Verlust derselben früher oder später in Aussicht stellt, — Amerika, durch seine Lage unangreifbar und sich selbst genügend, fühlt sich vielmehr als Weltmacht im wahrsten Sinne des Wortes und weifs, dafs sich ihm keine andere zur Seite stellen kann. Wohl dürfen augenblicklich auch England und Rußland sich als Weltmächte betrachten, doch ist England nur eine künstliche, insofern seine Macht auf Kolonieen beruht, die vermöge der Natur der Sache nach Selbstständigkeit streben und sich in Güte oder mit Gewalt von England trennen werden. Rußland ist durch seine Lage, indem es mit Sibirien ein zusammenhängendes Ganzes bildet, in anderer Weise Weltmacht als England, aber abgesehen davon, dafs es wie England der Möglichkeit ausgesetzt ist, seine Kolonie Sibirien zu verlieren, wo jetzt bereits eine dort geborene Generation sich zu fragen beginnt, warum Sibirien von Petersburg aus regiert werden müsse, — kann Rußland sich mit Amerika an Macht nicht vergleichen. Da nun die Monroe-Doktrin die amerikanische Union zum geborenen Gegner Englands macht, so liegt die Möglichkeit nicht fern, dafs Amerika, sich unangreifbar wissend, einen europäischen Krieg benutzt, um die eng- *) ‘Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, dafs wir, wie Friedrich d. Gr. im siebenjährigen Kriege die Errungenschaften der beiden ersten schlesischen Kriege zu verteidigen hatte, auch unsere Errungenschaften in einem noch gröfseren Kriege als in den vorhergehenden zu verteidigen haben würden. — Unsere Bemühungen (um den Frieden) sind aufrichtig, vor allem aber brauchen wir dazu ein starkes Heer, ein Heer, das stark genug ist, um unsere eigene Unabhängigkeit ohne jeden Bundesgenossen sicherzustellen’. Fürst Bismarck im Reichstage am 11. Januar 1887. 2) ‘Mit unseren Bundesgenossen in der Friedensliebe (Österreich) einigen uns nicht nur Stimmungen und Freundschaften, sondern die zwingendsten Interessen des europäischen Gleichgewichts und unserer eigenen Zukunft’. Fürst Bismarck im Reichstage vom 6. Februar 1888, wo er das Verhältnis des Deutschen Reiches zu Rußland darlegte und die berühmten Worte sprach: ‘Wir Deutsche fürchten Gott und sonst nichts in der Welt’.
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